Dörfliche Gemeinschaften betreiben aktive Gesundheitsförderung in Kirgisistan

Projekt abgeschlossen
Die lokale Bevölkerung bespricht gemeinsam die Gesundheitsprioritäten ihrer Dorfgemeinde.
Die lokale Bevölkerung bespricht gemeinsam die Gesundheitsprioritäten ihrer Dorfgemeinde. © DEZA

Ansatzpunkt für das Projekt sind die Menschen vor Ort: Die einzelnen Quartiere werden sowohl in die Planung als auch in die Umsetzung gesundheitsbezogener Aktivitäten, etwa die Kontrolle des Blutdrucks oder Debatten über gesunde Lebensweisen, aktiv einbezogen. Das in enger Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsministerium durchgeführte Programm soll nicht nur die Gesundheit nachhaltig verbessern, sondern ermöglicht der lokalen Gemeinschaft auch ein aktives Engagement als zivilgesellschaftliche Akteurin. Da die ersten Massnahmen sehr positive Ergebnisse hervorbrachten, wurde das Projekt auf die nationale Ebene ausgeweitet.

Land/Region Thema Periode Budget
Kirgisistan
Gesundheit
Primäre Gesundheitsversorgung
Stärkung der Gesundheitssysteme
01.04.2014 - 31.12.2017
CHF  4’600’000

Mit dem Projekt Gemeinschaftsaktionen für Gesundheit («Community Action for Health») soll die Gesundheit in den ländlichen Gebieten Kirgisistans auf nachhaltige Weise verbessert werden. Dabei wird die ländliche Bevölkerung aktiv in die Ermittlung ihrer Gesundheitsprobleme und die Suche nach Lösungen einbezogen, wobei sie vom Gesundheitsministeriumunterstützt wird. Ziel ist es somit, die lokale Bevölkerung bei ihrem Engagement für Gesundheit und Prävention zu eigenständigem Handeln zu befähigen und eine fruchtbare Partnerschaft mit den Gesundheitsbehörden zu fördern. 

Gesundheitskomitees der Dörfer

Zu Beginn des Projekts werden in jedem Dorf zunächst die Gesundheitsprioritäten identifiziert: In jedem einzelnen Quartier diskutiert die Bevölkerung ihre dringendsten Gesundheitsprobleme. Dabei wählen die Teilnehmer auch Vertreter ihres Viertels in das dörfliche Gesundheitskomitee («Village Health Committee»), dem im Projekt eine wichtige Rolle zukommt. Bei einer späteren Dorfsitzung wird aus der Reihe der vorgeschlagenen Mitglieder der Vorstand des Komitees gewählt. Die Dorfkomitees arbeiten auf freiwilliger Basis, und ihre Mitglieder werden regelmässig in medizinischen sowie organisatorischen Kompetenzen geschult. 

Gesundheitsbezogene Aktivitäten

Ausgehend von den Gesundheitsprioritäten der Bevölkerung werden in Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsministerium mehrere Kampagnen zu Themen wie Zahngesundheit, Gesundheit von Müttern und Säuglingen, reproduktive Gesundheit, Ernährung, Sanitärversorgung und Hygiene lanciert. Alle diese gesundheitsbezogenen Aktivitäten – insgesamt etwa 20 – werden anschliessend von den Dorfkomitees durchgeführt. Ausgestattet mit Informations- und Anschauungsmaterial besuchen die ausgebildeten Komiteemitglieder die Bewohnerinnen und Bewohner ihres Dorfs regelmässig.

Zwar wird die traditionelle Rolle von Frauen bei der Lösung von Gesundheitsproblemen in ländlichen Familien anerkannt, doch werden im Rahmen des Projekts ständige Bemühungen unternommen, mehr Männer in gesundheitsbezogene Aktivitäten einzubeziehen, insbesondere was vornehmlich bei Männern auftretende Gesundheitsprobleme wie Brucellose, Alkoholmissbrauch und Tabakkonsum betrifft. 

Bekämpfung von Bluthochdruck

Eine sehr erfolgreiche gesundheitsbezogene Aktivität ist die Bekämpfung von Bluthochdruck. Hypertonie ist eine Hauptursache für die hohe Sterblichkeitsrate nach Schlaganfällen in Kirgisistan, wird allerdings selten als solche anerkannt und daher nicht behandelt. Während einer jährlichen Aktionswoche gegen Bluthochdruck messen die Gesundheitskomitees im gesamten Land den Blutdruck von möglichst vielen Erwachsenen. Zwischen 2011 und 2013 wurde über eine Million Menschen untersucht, und bei mehr als 180 000 stellten die Komitees Bluthochdruck fest, wobei 57 000 keine Kenntnis von ihrem Leiden hatten. Die Betroffenen wurden an Anbieter der primären Gesundheitsversorgung überwiesen und mit umfassendem Informationsmaterial ausgestattet. Anhand seiner Unterlagen kann das Komitee diese Patienten zu einem späteren Zeitpunkt weiterbetreuen. 

Jodsalz

Ein weiteres Problem, das einen hohen Stellenwert unter den Gesundheitsprioritäten einnahm, waren Störungen infolge von Jodmangel, etwa Kröpfe. Die Zahl dieser Erkrankungen nahm Anfang der 1990er-Jahre beträchtlich zu, da Speisesalz nicht mehr wie zu Zeiten der Sowjetunion generell mit Jod angereichert wurde. Im Rahmen einer Kampagne zur Förderung von Jodsalz verteilten die Gesundheitskomitees einfache Testkits und sorgten dafür, dass die Gemeinschaften das in ihren Dörfern verkaufte Salz selbst kontrollieren konnten. So gelang es, den Anteil der ausschliesslich Jodsalz verwendenden Zielhaushalte auf 98 % zu steigern. 

Wichtigste Erfolge 

Das Projekt wurde 2002 konzipiert und erstmals im Bezirk Dschumgal im Oblast (Gebiet) Naryn erprobt. Aufgrund des grossen Erfolgs der Kampagnen wurde das Projekt auf die Gebiete Talas, Osch, Batken und Tschui ausgeweitet. Heute verfügen 84 % aller Dörfer Kirgisistans über Gesundheitskomitees.

Gegenüber staatlich betriebenen Modellen weist die gemeindenahe Gesundheitsförderung mehrere Vorteile auf. So begünstigt diese Strategie nicht nur einen präventiven Ansatz für die Gesundheitsversorgung, sondern befähigt ländliche Gemeinden zu selbstbestimmtem Handeln und eröffnet Möglichkeiten für eine stärkere und breiter gefächerte Zivilgesellschaft in den Regionen des Landes. Dank dieses Konzepts haben die Menschen erkannt, dass sie ihre Gesundheit aus eigener Initiative verbessern können, statt passiv darauf zu warten, dass der Staat etwas für sie tut. Gleichzeitig hat das medizinische Personal gelernt, die Bewohner der Dörfer nicht als passive Objekte anzusehen, denen vermittelt werden muss, was gut für sie ist, sondern betrachtet sie als aktive Partner im Prozess der Gesundheitsverbesserung. Der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedern der Gemeinschaft, dem Gesundheitspersonal und den Projektmitarbeitern beruht auf zwei Prinzipien: nicht-dominantes Verhalten und gegenseitige Wertschätzung aller Beiträge. Dadurch wird die Motivation zur freiwilligen Arbeit aufrechterhalten.

Die Komitees befassen sich nicht nur mit Gesundheitsproblemen, sondern übernehmen allmählich auch Verantwortung für weitere Aktivitäten, die als nutzbringend für die Gemeinschaft erkannt wurden, wie einkommensschaffende Massnahmen, die Organisation gesellschaftlicher Anlässe oder die kollektive Arbeit in den Dörfern. Sie arbeiten als unabhängige zivilgesellschaftliche Organisationen, und die Zahl der Initiativen nimmt kontinuierlich zu.