«Cartes blanches» zu Wirtschaftsfragen – Mittagsdiskussionen an der Botschaft

Lokale News, 08.12.2020

Im Rahmen des bereits etablierten Formats der «Carte blanche» veranstaltete die Abteilung für Wirtschaft, Finanzen und Wissenschaft im letzten halben Jahr drei Mittagsdiskussionen zu den Themen duales Bildungssystem, russische Energieexporte nach Europa und Innovationen in Krisenzeiten.

Am 26. Oktober 2020 lud die Botschaft zu einer Mittagsdiskussion zum Thema «Dual education in Switzerland and Russia» ein, um den Austausch zwischen Vertretern der Wirtschaft, Wissenschaftlern, Bildungsinstitutionen und anderen interessierten Akteuren zu fördern. Nachdem der Zürcher Professor Dr. Rolf Gollob aktuelle Thematiken der Berufswahl in der Schweiz erläutert hatte, gingen russische Experten auf das Fehlen einer nationalen Strategie zur dualen Bildung und einer Koordination zwischen Berufsschulen, Staat und Arbeitsverbänden ein. Die geringe Flexibilität des Bildungsprogramms von Berufsschulen hindere es zudem, Ansprüchen von Unternehmen gerecht zu werden. Dass die schulische Bildung wichtige Fertigkeiten wie Kommunikationsfähigkeit und Fremdsprachen nicht genügend lehrt, kritisierten auch Wirtschaftsvertretende von in Russland tätigen Schweizer Unternehmen. Der Präsident des Aufsichtsrats des Vereins der russischen KMUs OPORA, Dr. Sergej Borissow, brachte zum Ausdruck, dass KMUs durchaus bereit seien, sich an der Berufsbildung aktiv zu beteiligen. Er betonte zudem, dass eine internationale Ausrichtung der Berufsbildung wichtig wäre. Die duale Berufsbildung stösst bei Firmen und Berufsschulen in Russland auf immer grösseres Interesse. Bis anhin ist die Popularität von Jugendlichen, eine Lehre zu machen, jedoch sehr niedrig – nicht zuletzt auf Grund des geringen Ansehens einer Berufslehre. Dies soll sich in Zukunft ändern.

Am 23. November stand das Thema «Russian Energy for Europe» im Brennpunkt einer Online-Expertendiskussion in der Residenz der Botschaft. Zusammen mit Referenten von der Universität St. Gallen, der Stiftung Wissenschaft und Politik (D), der Higher School of Economics in Moskau, der Moscow School of Management « Skolkovo» sowie weiteren zugeschalteten Gästen wurden aktuelle Herausforderungen der russischen Energiepolitik und Aussichten für mittel- und langfristige Exporte thematisiert. Während der Diskussion betonten Experten die Wichtigkeit einer aktiven Dekarbonisierung, unter anderem mittels Wasserstoffs, eines Erfahrungsaustausches zur Entwicklung der erneuerbaren Energien sowie eines flankierenden regulatorischen Fachdialogs. Darüber hinaus wurde ein Potential zum weiteren Austausch mit der Schweiz auf dem Gebiet der Nachhaltigkeit einschliesslich Wasserkraft zum Ausdruck gebracht.

Der anspruchsvollen, aktuellen Frage «Can economic crises lead to innovation?» näherten sich Prof. Tobias Straumann, Professor für Wirtschaftsgeschichte an der Universität Zürich, und Dr. Jaroslav Lisovolik, Programmdirektor des Valdai Clubs, am 8. Dezember im Rahmen einer weiteren «Carte blanche» an der Botschaft. Laut Prof. Straumann wären Unternehmen, die ihren Innovationsprozess in Krisenzeiten stärken würden, besser darauf vorbereitet, neue Wachstumschancen wahrzunehmen und flexibler auf neu entstehende Nachfrage zu reagieren. Dr. Lisovolik argumentierte bezüglich der aktuellen Wirtschaftskrise, die durch die Coronavirus-Pandemie verursachte wurde, dass es noch zu früh sei zu urteilen, wie sich russische Unternehmen in einer solchen Dynamik positionieren können (insbesondere im Hinblick auf Innovationen in den Bereichen GreenTech und Medizin). Er brachte zum Ausdruck, dass seiner Meinung nach die in den letzten Jahren in Russland eingeführte Geld- und Finanzpolitik günstige makroökonomische Bedingungen für eine solche Entwicklung bietet.