Das Misstrauen der ukrainischen Bürgerinnen und Bürger in die Behörden des Landes ist gross. Gründe dafür sind u.a. die intransparente Entscheidungsfindung, die fehlende Rechenschaftspflicht, die grassierende Korruption, der schwierige Zugang zu Informationen und die schlechte Qualität der Behördendienstleistungen. Das langjährige Engagement der DEZA in der Ukraine zielt u.a. darauf ab, diese Situation zu verbessern und demokratische Reformen der öffentlichen Institutionen zu unterstützen. Am 1. April 2015 startete nun die Hauptphase des Projekts «E-Governance for Accountability and Participation», welches mit der Hilfe von E-Governance zu einem grösseren Vertrauen in die ukrainischen Behörden beitragen will. Konkret sollen die Bürgerinnen und Bürger einen besseren Zugang zu den Dienstleistungen der Verwaltung erhalten und weniger Korruption ausgesetzt sein. Diese Ziele gelten insbesondere für schutzbedürftige Bevölkerungsgruppen wie intern Vertriebene.
Der Begriff E-Governance kann auf verschiedene Arten definiert werden. Allen Definitionen ist aber gemein, dass in irgendeiner Form mit elektronischer Informations- und Kommunikationstechnik staatliche Leistungen erbracht werden. Dies kann bedeuten, dass Formulare direkt auf der Webseite einer Behörde ausgefüllt und eingereicht werden können oder dass Bürgerinnen und Bürger in der Zukunft die Möglichkeit haben werden, sogar ihr Stimmrecht elektronisch auszuüben.
Vier Schwerpunkte
Die DEZA fokussiert sich im Rahmen des Projekts «E-Governance for Accountability and Participation» auf die vier Schwerpunkte E-Services, Kapazitätenbildung, E-Democracy und nationaler Dialog:
- E-Services sind Dienstleistungen der Behörden, welche auf elektronische Art und Weise erbracht werden und der Bevölkerung einen effizienteren Umgang mit der Verwaltung ermöglichen. Etwa weil sie für gewisse Dienstleistungen nicht mehr persönlich bei den Behörden erscheinen müssen, sondern diese dank elektronischen Hilfsmitteln von zuhause aus in Anspruch nehmen können.
- Der Aufbau von Kapazitäten für Organisationen der Zivilgesellschaft und Behördenvertreter geschieht vor allem über Schulungen zu E-Governance. Dies beinhaltet auch, dass Zertifikate entwickelt werden und dass Möglichkeiten für den Austausch von Wissen zwischen verschiedenen Organisationen und Regionen bestehen.
- E-Democracy steht für neue, elektronische Mittel, um die Demokratie und das Teilnehmen am politischen Leben zu fördern. Mögliche Beispiele sind, dass Debatten von Parlamenten live im Internet übertragen werden oder dass die Bevölkerung mit Hilfe von Onlinepetitionen direkt an die Behörden gelangen kann.
- Während die drei oben erwähnten Punkte in einem ersten Schritt vor allem auf regionaler und lokaler Ebene etabliert werden sollen, ist das Ziel des nationalen Dialogs zu E-Governance auch Rahmenbedingungen für die nationale Ebene zu schaffen. Dank diesem Dialog sollen insbesondere die Anliegen der Regionen und der Zivilgesellschaft miteinbezogen werden.
Positive Erfahrungen mit Transparent Office
Erste Versuche mit E-Governance auf lokaler Ebene in der Ukraine fallen positiv aus: In Vinnytsia wurde 2010 ein sogenanntes Transparent Office erfolgreich eingeführt. Dieses Transparent Office erbringt staatliche Dienstleistungen und setzt dabei verschiedene E-Governance-Instrumente ein. Dadurch konnte etwa die Wartezeit auf 5–7 Minuten reduziert werden, während diese im Durchschnitt 23 Minuten beträgt. Umfragen zur Kundenzufriedenheit zeigen zudem, dass fast 60 Prozent der Befragten die Arbeit des Transparent Office als fair und unparteiisch beurteilen.
Das Projekt «E-Governance for Accountability and Participation» wird in vier Regionen der Ukraine umgesetzt: In Volyn im Westen, in Vinnytsia im Zentrum, in Odessa im Süden sowie in Dnipropetrovsk im Osten des Landes. Mit Odessa und Dnipropetrovsk wurden zwei Regionen ausgewählt, die von den Konflikten in der Ukraine betroffen sind und die über eine hohe Zahl an intern Vertriebenen verfügen. Die Hauptphase des Projekts dauert von April 2015 bis März 2019.