Haiti: Zehn Jahre nach dem Erdbeben

Artikel, 10.01.2020

Am 12. Januar 2010 wurde Haiti von einem Erdbeben der Stärke 7 erschüttert. Über 200 000 Menschen starben und 1,5 Millionen Personen wurden obdachlos. Die DEZA führte in der Folge ihre bisher grösste Nothilfeaktion durch. Zehn Jahre später sind viele Menschen in Haiti noch immer traumatisiert durch diese Katastrophe. In den vergangenen zehn Jahren hat die DEZA zahlreiche humanitäre und entwicklungspolitische Aktivitäten durchgeführt, um der Bevölkerung beizustehen.

Ein Mann geht an zerstörten Häusern vorbei.
Das Erdbeben von 2010 richtete enorme Schäden an und verursachte hohe menschliche Verluste © DEZA

Die Humanitäre Hilfe der Schweiz reagierte sofort, als im Januar 2010 das Ausmass der Erdbebenschäden in Haiti bekannt wurde. Sie stellte insgesamt 170 Tonnen Hilfsgüter für die Erdbebenopfer bereit. Umgehend kam ein Team von 150 Expertinnen und Experten des Schweizerischen Korps für Humanitäre Hilfe (SKH) im Erdbebengebiet zum Einsatz. Das Team war in mehreren Bereichen tätig: Wasserversorgung, Hygiene, medizinische Versorgung, Wiederaufbau, Koordination und Logistik.

Nothilfe gefolgt von nachhaltigem Wiederaufbau

In den ersten Monaten nach der Katastrophe behandelte das medizinische Team des SKH über 800 Personen, nahm 620 chirurgische Eingriffe vor und half bei rund hundert Geburten. Die Schweizer Helfer verteilten Notfallkits und Material zum Bau von Notunterkünften. Sie stellten rund 50 Brunnen instand, die seither 50 000 Personen täglich mit Trinkwasser versorgen. Vor mehreren zerstörten Schulhäusern wurden Zelte aufgebaut, damit der Unterricht fortgesetzt werden konnte.

Im März 2010 beschloss der Bundesrat, 36 Millionen Franken für die Wiederaufbauarbeiten in Haiti bereitzustellen. Kurz darauf eröffnete die DEZA in Port-au-Prince ein Kompetenzzentrum für den Wiederaufbau (Centre de compétence reconstruction, CCR), das sich aus Expertinnen und Experten des SKH und des Privatsektors zusammensetzte.

Die DEZA konzentrierte sich auf den Wiederaufbau der Infrastruktur. Sie erhielt als erste Organisation nach dem Beben die Bewilligung des haitianischen Bildungsministeriums zum Bau von permanenten Schulen. Insgesamt wurden 12 Schulhäuser errichtet und über 1000 Maurer ausgebildet. Sämtliche Gebäude wurden nach den Normen für erdbeben- und wirbelsturmsichere Bauten erstellt, damit sie weniger anfällig für Naturkatastrophen sind.

Erbebensicheres Bauen in Haiti

Armut: die andere grosse Herausforderung

Die Schweiz leistete mit ihren humanitären Aktivitäten lebenswichtige Nothilfe für die Überlebenden der Katastrophe. Aber Haiti war – und ist immer noch – mit extremer Armut konfrontiert. Die Karibikinsel ist eines der ärmsten Länder der Welt. Im Jahr 2012, zwei Jahre nach dem Erdbeben, lebten rund 60 Prozent der Bevölkerung unter der nationalen Armutsgrenze von 2,41 US-Dollar pro Tag.

Seit 2013 ist Haiti ein Schwerpunktland der Entwicklungszusammenarbeit der Schweiz. Die DEZA engagiert sich mit längerfristigen Entwicklungsprogrammen, um zur nachhaltigen Verbesserung der Lebensbedingungen, zur Armutsreduktion und zur Stärkung der lokalen Verwaltungen beizutragen.

Innerhalb einiger Jahre stellte die DEZA für die Entwicklungszusammenarbeit Mittel in derselben Höhe wir für die humanitäre Hilfe bereit. Die DEZA unterstützt zahlreiche Projekte in den Bereichen gute Regierungsführung, Landwirtschaft und Ernährungssicherheit sowie Arbeit und wirtschaftliche Entwicklung.

Video-Testimonial einer Lehrerin, die sich für die Entwicklung ihrer Gemeinde einsetzt (fr)

Weitere Katastrophe im Jahr 2016

Am 4. Oktober 2016 wurde Haiti erneut von einer Naturkatastrophe heimgesucht. Windböen mit Geschwindigkeiten von über 250 km/h fegten über den Südwesten des Landes hinweg. Sie richteten schwere Schäden an und forderten hunderte Todesopfer. Sintflutartige Regenfälle, die zu Überschwemmungen und Erdrutschen führten, verschärften die Situation weiter. Die Humanitäre Hilfe der DEZA schickte wiederum Teams und Material auf die Karibikinsel. Die Schulen, die von der DEZA nach dem Erdbeben 2010 gebaut wurden, hielten dem Wirbelsturm stand. Sie dienten während des Sturms und danach als Schutzunterkünfte für die Bevölkerung.

Hurrikan Matthew in Haiti: das Engagement der Schweiz

Angesichts der Bedrohung des Landes durch Naturgefahren und der instabilen gesellschaftspolitischen Lage setzt die DEZA auf die Komplementarität ihres humanitären und entwicklungspolitischen Engagements. Dieses Credo bildet die Grundlage der schweizerischen Kooperationsstrategie für Haiti bis 2021.