Gleichberechtigter Zugang zu Diagnostika, Impfstoffen und Therapien für eine globale Reaktion

Drei Säulen, viele Akteure, eine globale und solidarische Reaktion. Dies sind die Schlüsselbegriffe beim Engagement der Schweiz zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie. Viele der in Genf ansässigen internationalen Organisationen teilen diesen Ansatz, den die Schweizer Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit für Länder mit niedrigem Einkommen anstrebt. Der gleichberechtigte Zugang zu Technologien im Gesundheitsbereich ist eine Priorität, und das nicht nur während der Coronakrise. Olivier Praz äussert sich zum Thema.

Auf dem Rasen vor dem UNO-Gebäude in Genf steht in grossen Buchstaben: #HEALTH FOR ALL.

2018 feierte die WHO mit Sitz in Genf ihr 70-jähriges Bestehen. Das internationale Genf ist ein wichtiges Gouvernanzzentrum der Weltgesundheit. ©EDA

Anlässlich des Gründungsdatums der Weltgesundheitsorganisation (WHO) findet jedes Jahr am 7. April der Weltgesundheitstag statt, um wichtigen gesundheitlichen Themen weltweit Gehör zu verschaffen. Die WHO will soziale und wirtschaftliche Ungleichheiten im Gesundheitsbereich und beim Zugang zu Gesundheitsdienstleistungen eliminieren. Die mangelnde Chancengleichheit tritt in der aktuellen Krise, die namentlich Länder mit niedrigem Einkommen vor grosse Herausforderungen stellt, verstärkt in Erscheinung. Dieses Schwerpunktthema ist in der Agenda 2030 verankert und wird auch von der Schweiz unterstützt, namentlich mit ihren Kooperationsprogrammen zur Förderung von Forschung, Entwicklung und gleichberechtigtem Zugang zu Gesundheitstechnologien bei armutsbedingten Krankheiten wie Malaria. Und seit über einem Jahr auch bei Covid-19.

Unmittelbar nach dem Ausbruch der Pandemie hat die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) die Programme der Botschaften und Kooperationsbüros an die lokalen Bedürfnisse angepasst. Während die Humanitäre Hilfe des Bundes Nothilfe leistet, werden im Rahmen der Kooperationsprogramme zusätzliche Massnahmen zur Bekämpfung der Pandemie ergriffen. Dank der langjährigen Erfahrung der Mitarbeitenden vor Ort kann rasch festgestellt werden, wo Handlungsbedarf besteht. Am 13. Mai 2020 bewilligte der Bundesrat ausserdem einen Zusatzkredit in Höhe von 70 Millionen Franken zur Unterstützung der globalen Reaktion auf die Pandemie im Rahmen der Initiative «Access to Covid-19 Tools Accelerator» (ACT-A). Diagnostika, Impfstoffe und Therapien im Zentrum eines wirksamen und solidarischen globalen Vorgehens. 

Eine Frau, die einen Schutzanzug, eine Brille und eine Maske trägt, steht in einem Krankenzimmer neben medizinischen Apparaten.
Am 31. März 2021 schickte die Schweiz Masken, Brillen und Schutzanzüge in die Republik Moldova, damit sich das Gesundheitspersonal, das an vorderster Front im Einsatz ist, vor dem Coronavirus adäquat schützen kann. © EDA

Dreisäulenansatz für eine globale Reaktion

Das Medieninteresse konzentriert sich heute auf die Entwicklung wirksamer und sicherer Impfstoffe gegen Covid-19. Die Schweiz verfolgt mit der DEZA einen Dreisäulenansatz, den auch internationale Institutionen im Medizinalbereich unterstützen. Drei Säulen, drei inhaltliche Konzepte und drei globale Initiativen: diagnostizieren («Diagnostic Partnership» zur Entwicklung von Tests für alle), impfen («Gavi Advance Market Commitment for Covid-19 Vaccine» zur Produktion und gerechten Verteilung) und therapieren («Therapeutics Accelerator» zur Erforschung von Therapien).

«Das Engagement der Schweiz im globalen Kampf gegen Covid-19 steht im Einklang mit den Erwartungen des Parlaments gemäss Botschaft zur Strategie der internationalen Zusammenarbeit 2021–2024 (IZA): der betroffenen Bevölkerung helfen (mit einem gleichberechtigten Zugang zu medizinischen Diagnosen, Impfstoffen und Covid-19-Therapien für Länder mit niedrigem Einkommen); im Interesse der Schweiz handeln (eine internationale Gesundheitssicherheit schützt auch die Schweiz); den komparativen Vorteil der IZA der Schweiz nutzen (mit öffentlich-privaten Partnerschaften bei der Erforschung und der Entwicklung medizinischer Technologien)», erklärt Olivier Praz von der Abteilung Globalprogramm Gesundheit der DEZA.

Die DEZA trägt aber nicht nur finanziell zu den drei Säulen bei. Bezüglich Diagnostika hat die Schweiz beispielsweise den Vorsitz des Geberrates der «Foundation for Innovative New Diagnostics» (FIND), welche die internationalen Anstrengungen bei der Forschung und Entwicklung, bei der Produktion von Diagnoseinstrumenten und beim Zugang dazu koordiniert. Die Schweiz übernimmt zwischen den verschiedenen Akteuren eine wichtige Brückenfunktion, die durch die Präsenz der grossen Gesundheitsorganisationen in Genf gestärkt wird. 

Breites multilaterales Engagement in Genf

Genf bietet ein einzigartiges Netzwerk von Schlüsselakteuren in diesem Bereich und gilt als Hauptstadt der Gesundheit. Die Schweiz gehört zu den Gründungsmitgliedern der WHO und unterstützt sie finanziell, aktuell insbesondere im dringlichen Umgang mit der Pandemie. Auch der Globale Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria, die Impfallianz GAVI und UNAIDS haben ihren Sitz in Genf. Diese Organisationen werden von der Schweiz ebenfalls unterstützt. Das Recht auf Gesundheit und der gleichberechtigte Zugang zu Gesundheitstechnologien stehen beim multilateralen Engagement der Schweiz im Vordergrund.

Vor der Covid-19-Pandemie lag der Fokus der DEZA auf der Erforschung, Entwicklung und Lieferung von Diagnoseinstrumenten und Medikamenten für armutsbedingte Krankheiten, insbesondere vernachlässigte Tropenkrankheiten. Bei der Malaria beispielsweise ging die Zahl der Neuerkrankungen in den letzten Jahren weltweit um 37 Prozent zurück – in Forschung und Entwicklung wird weniger investiert. 

Partnerschaften für hochwertige und zugängliche Medikamente

Die von der DEZA unterstützte NGO «Medicines for Malaria Venture» (MMV) mit Sitz in Genf koordiniert die Erforschung, Entwicklung und Bereitstellung neuer Malariamedikamente. MMV entstand aus einer öffentlich-privaten Partnerschaft, an der sich mehrere Länder beteiligten, und arbeitet mit Partnern aus der Pharmabranche, der Wissenschaft und den betroffenen Ländern zusammen. Diese Zusammenarbeit ermöglicht eine Senkung der Kosten und verschafft vulnerablen Menschen wie Kindern und Schwangeren einen gleichberechtigten Zugang zu Medikamenten von hoher Qualität. MMV hat zehn neuen Malariamedikamente in über fünfzig Ländern lanciert.

Neben dieser Produktentwicklungspartnerschaft (Product Development Partnership, PDP) unterstützt die DEZA die «Drug for Neglected Diseases Initiative» (DNDi). Diese widmet sich der Behandlung einer in Subsahara-Afrika weit verbreiteten Schlafkrankheit, die von der Tsetse-Mücke verursacht wird und unbehandelt zu schweren Verläufen führt. Die DNDi hat nach Jahrzehnten der Forschung den Wirkstoff Fexinidazol zur Behandlung dieser Krankheit entwickelt, die zuvor mit einem arsenhaltigen Medikament behandelt wurde, was bei jedem 20. Patienten zum Tod führte. 

Kurzfilm der DNDi, der die Geschichten von Schlafkrankheitspatienten erzählt sowie von Ärzten und Forscherinnen auf der Suche nach einer wirksamen Behandlung.

Internationale Zusammenarbeit

Die Internationale Zusammenarbeit (IZA) der Schweiz basiert auf der aussenpolitischen Strategie (APS) des Bundes und hat zum Ziel, die Armut in den Entwicklungsländern zu bekämpfen und zu deren nachhaltigen Entwicklung beizutragen. Um dieses Ziel zu erreichen, fokussiert die IZA auf drei Instrumente: humanitäre Hilfe, Entwicklungszusammenarbeit und Förderung des Friedens und der menschlichen Sicherheit (Strategie der internationalen Zusammenarbeit 2021–2024). Gesundheit ist ein Schlüsselfaktor für Entwicklung: Im Zentrum des DEZA-Engagements im Bereich Gesundheit stehen die Stärkung der Gesundheitssysteme, die Bekämpfung übertragbarer und nichtübertragbarer Krankheiten, die Verbesserung der sexuellen und reproduktiven Gesundheit sowie die Förderung der Gesundheit von Müttern, Neugeborenen und Kindern.

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