Arbeit in fragilen Staaten: nachhaltige Unterstützung für Regierungen und Bevölkerung

Die Schweiz setzt sich im Rahmen der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung für friedliche, gerechte und inklusive Gesellschaften ein. Sie unterstützt die Arbeit des International Dialogue on Peacebuilding and Statebuilding (IDPS). Analog zu anderen Akteuren der Entwicklungszusammenarbeit ist sie bestrebt, ihr Handeln auf eine gründliche Kontextanalyse zu stützen und Methoden anzuwenden, die der Konfliktdynamik Rechnung tragen mit dem Ziel, die Widerstandsfähigkeit der Gemeinschaften zu fördern, politische und soziale Konflikte zu einzudämmen und Lösungen zur Verringerung der Fragilität zu unterstützen.

2015 verabschiedete die DEZA ihre eigenen Ziele im Bereich Frieden und Staatsbildung (Peace and Statebuilding Goals), die sich an den Zielen des IDPS und dem Engagement der OECD orientieren.

Diese Ziele veranschaulichen, wie wichtig die Unterstützung der Entwicklungsbestrebungen der Partner ist, damit sie einen Ausweg aus der Fragilität finden. Die Fragilitätsdimension fliesst folglich in alle Strategien der Schweiz und in ihr operationelles Portfolio ein. Die Schweiz will namentlich bei Aspekten im Zusammenhang mit der Umsetzung des Ziels 16 der Agenda für nachhaltige Entwicklung und der Ziele für Frieden und Staatsbildung der OECD mitreden und diesen mehr Gewicht verleihen.

Die Fragilität soll in ihrer ganzen Komplexität und in all ihren Dimensionen erfasst werden. Zu diesem Zweck erarbeitet die Schweiz operationelle und Qualitätsstandards für ihre neuen Strategien. Bei der Durchführung neuer Programme in den betroffenen Regionen setzt sie unterschiedliche kontext- und konfliktspezifische Instrumente ein, wobei sie sich auf die Kompetenzen ihrer Mitarbeitenden in den Bereichen konfliktsensitives Programmmanagement (CSPM) und «Human Rights Based Approach» (HRBA) stützt.

Ziel ist es, gemeinsam mit ihren Partnern die Hilfe in fragilen Kontexten noch intelligenter zu gestalten und den Fokus auf Prävention sowie Friedenskonsolidierung und Aufrechterhaltung des Friedens zu legen; gleichzeitig sollen die Bemühungen und Kapazitäten der Partnerländer gestärkt werden, damit sie in der Lage sind, Fragilität durch inklusive Lösungen anzugehen.

Krisenprävention und -bewältigung

Die DEZA hat sich zum Ziel gesetzt, massgeblich zur Bekämpfung der Konfliktursachen, zur Stärkung der Resilienzkapazitäten, zur Verbesserung der Einhaltung der Menschenrechte und ganz allgemein zur friedlichen Lösung sozialer und politischer Konflikte in den Ländern, in denen sie tätig ist, beizutragen.

Die zehn Prinzipien der OECD bilden den Rahmen für ihre Aktivitäten in fragilen oder konfliktbetroffenen Ländern. Sie sollen nationale Reformkräfte beim Aufbau effektiver, legitimer und belastungsfähiger staatlicher Institutionen helfen. Die Aktivitäten sollen sich an den folgenden Prinzipien orientieren:

  • Den Kontext als Ausgangspunkt nehmen.
  • Schaden vermeiden.
  • Die Staatsbildung als zentrales Ziel betrachten.
  • Der Prävention den Vorrang geben.
  • Die Zusammenhänge von Politik-, Sicherheits- und Entwicklungszielen erkennen.
  • Nichtdiskriminierung als Basis für inklusive und stabile und inklusive Gesellschaften fördern.
  • Die Massnahmen in verschiedenen Kontexten auf unterschiedliche Weise auf lokale Prioritäten ausrichten.
  • Praktische Koordinationsmechanismen zwischen internationalen Akteuren vereinbaren.
  • Schnell handeln, aber lange genug engagiert bleiben, damit sich Erfolge einstellen können.
  • Ausgrenzung vermeiden.

Langfristige Einsätze, flexible Arbeitsweise

Ein verstärktes Engagement in fragilen und konfliktbetroffenen Staaten und Regionen erfordert eine langfristige Verpflichtung und eine flexible Arbeitsweise. Es braucht Zeit, staatliche Strukturen aufzubauen und zu stabilisieren sowie das Vertrauen der Bevölkerung zu gewinnen. Gemäss der Weltbank brauchen Länder nach einer langen Kriegsphase zwischen 15 und 30 Jahren, um wieder eine funktionierende Regierung zu etablieren.

Die DEZA passt ihr Vorgehen und die Instrumente der Entwicklungszusammenarbeit laufend der betroffenen Region und dem sich rasch verändernden Umfeld an. Je nachdem wird auf humanitäre Hilfe, längerfristige Entwicklungszusammenarbeit, das Engagement in einer internationalen Organisation oder eine Kombination dieser Instrumente gesetzt.

Erfolgreiche Entwicklungszusammenarbeit erfordert auch eine klare Analyse der gegebenen Situation. Dazu arbeitet die DEZA mit anderen Bundesstellen, der Zivilgesellschaft und mit multilateralen Organisationen zusammen.

Mix aus Erfahrung und Weitsicht

Die Arbeit der DEZA ist geprägt von langjähriger Erfahrung und weitsichtiger Planung. Langfristige Staats- und Friedensbildung können helfen, Fragilität und Gewalt zu überwinden. Beispiel Nepal: Während des bewaffneten Konflikts von 1996–2006 hat die Schweiz keines ihrer Projekte eingestellt, sie aber stetig angepasst. So konnten die Entwicklungsprogramme in den Bereichen Bildung, Brücken- und Strassenbau sowie Forstwirtschaft auch während des bewaffneten Konflikts weitergeführt werden. Dasselbe gilt für Länder wie Haiti, Myanmar und Burundi, die in den letzten Jahren ebenfalls schwierige Zeiten durchlebten.

Ein längerfristiges Engagement in komplexen und dynamischen Kontexten – ob in der Entwicklungsarbeit, der Transitions- oder der Nothilfe – erfordert auf der einen Seite eine verbesserte Analyse der jeweiligen Situationen, auf der anderen Seite die Stärkung der Akzeptanz unter den verschiedenen Akteuren. Regelmässige Kontakte mit den Zielgruppen, die Ausrichtung der Arbeit auf die Bedürfnisse der Armen sowie die Mitarbeit von Personen mit einem breitgefächerten sozialen und ethnischen Hintergrund tragen dazu bei, dass ein langfristiges Engagement möglich ist und Früchte trägt.

Konflikt-, risiko- und veränderungssensitive Programmstrategien

Unter dem Begriff «konfliktsensitives Programmmanagement», conflict-sensitive programme management, CSPM, hat die DEZA ein Spektrum an konfliktsensitiven Methoden für die Entwicklungszusammenarbeit in fragilen und konfliktbetroffenen Ländern und Regionen entwickelt. Konfliktsensitivität bedeutet: Die Wechselwirkungen zwischen Konflikt und Massnahme werden berücksichtigt, mit dem Ziel, negative und konfliktverschärfende Wirkungen zu verhindern sowie eine positive und friedensfördernde Wirkung zu erzielen. Diese Methoden erfordern übrigens eine eingehendere Analyse der Risiken im Zusammenhang mit dem Kontext, den Programmen oder der Institution. Auf diese Weise ist die Schweiz besser in der Lage, Entwicklungsbestrebungen zu unterstützen, die der Bevölkerung bessere Perspektiven ermöglichen, und auf wesentliche Veränderungen im Umfeld zu reagieren.

Wichtig sind unter anderem:

  • Kontextanalyse: Die Dynamik eines Konflikts wird analysiert und eine Strategie entwickelt, um den Ländern bei der Überwindung des Konflikts zu helfen. Gleichzeitig muss die Wechselwirkung zwischen einem Programm und dem Kontext verstanden und regelmässig überprüft werden. 
  • Szenarien: Trends in den Kontextveränderungen werden prognostiziert und antizipiert, um die übergeordneten Ziele der Schweizer Entwicklungszusammenarbeit durch Anpassungen in den Programmen zu erreichen. Das Ziel der Arbeit in fragilen Kontexten ist häufig, auch bei sich verschlechternden Kontexten weiterarbeiten zu können (stay engaged).
  • Management: Risiko- und Sicherheitsmanagement, Kommunikation und die Zusammenstellung von Teams mit Personen verschiedener Ethnien oder aus unterschiedlichen sozialen Schichten gehören zu den wichtigen Managementaufgaben. 
  • Schaden vermeiden: Das CSPM sieht neben der frühzeitigen Erkennung von Konflikten und der Unterstützung eines Landes im Konfliktfall auch die Sensibilisierung von DEZA-Mitarbeitenden vor. Diese sollen bestehende Konflikte nicht ungewollt verstärken. Dabei wird mit dem «Do no Harm»-Konzept gearbeitet.

Von fragil zu friedlich: Übergangsprozesse begleiten

Die Verabschiedung des Ziels 16 der Agenda 2030 im Jahr 2016 - friedliche und inklusive Gesellschaften mit starken Institutionen - war ein wichtiger Meilenstein. Jetzt setzt sich die Entwicklungsgemeinschaft bei ihrem Engagement direkt mit Friedensfragen auseinander.

Erfolgreich waren auch die Anstrengungen der Schweiz und anderer Geber in der OECD, den 2011 in Busan verabschiedeten «New Deal for Engagement in Fragile States» zu fördern. Diese Initiative zielte insbesondere darauf ab, fragile Staaten bei ihren Friedensbestrebungen zu unterstützen und auf ihre spezifischen Bedürfnisse einzugehen, vor allem durch die Verabschiedung von fünf Zielen in den Bereichen Friedenskonsolidierung und Staatsbildung (Peacebuilding and Statebuilding Goals, PSG):

  • Politische Legitimität: Allumfassende politische Abmachungen und Konfliktlösungen fördern
  • Sicherheit: Menschliche Sicherheit aufbauen und stärken
  • Justiz: Gerechtigkeit und Rechtsstaatlichkeit fördern
  • Ökonomische Grundlagen: Beschäftigung schaffen und Lebensgrundlagen verbessern
  • Einnahmen und Dienstleistungen: Einnahmen verwalten und eine verantwortungsvolle und gerechte Dienstleistungserbringung stärken

Die Schweiz setzte sich aktiv für die Verabschiedung des New Deal ein und stützt sich bei ihrem Engagement in fragilen Kontexten weiterhin auf diese Grundsätze.

Engagement der DEZA in fragilen und konfliktbetroffenen Kontexten

Rund die Hälfte der Länder und Regionen, in denen die Schweiz tätig ist, werden als fragil eingestuft: Sie sind von internen oder externen Konflikten geprägt, werden oft von Naturkatastrophen heimgesucht und haben schwache oder instabile staatliche Institutionen. Die Bevölkerung fragiler Kontexte ist äusserst arm und Gewalt sowie politischer Willkür ausgesetzt:

Dokumente

Aktuelle Projekte

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Trans-Border Dialogue for Peace in the Great Lakes Region

01.01.2017 - 30.06.2021

Jointly with the Swedish Embassy, Switzerland supports a trans-border dialogue for peace in the Great Lakes region, a program run by Interpeace with 6 local NGOs. This second phase will continue using research and dialogue to address stereotypes and lack of trust behind recurrent conflicts in the Great Lakes region. Research and dialogue constitute the basis to engage decision makers, to promote good governance and concrete consensus-based solutions taking into account local populations’ concerns and recommendations.


Access to Justice in Tajikistan

A lawyer sits at her desk and discusses with a woman.

01.12.2016 - 31.03.2021

Through this project, Switzerland will accompany the Government in realizing a state system providing free legal aid, which will allow the vulnerable (poor) individuals in Tajikistan to better protect their rights and in particular to claim various benefits (e.g. pensions, child allowances). This system will replace the current NGO provided legal aid services. A space for dialogue between civil society and state authorities will also be preserved and will contribute to addressing further legal challenges faced by the population.


JPO Programme, Volées 2013-2018, Humanitarian Aid HA

01.09.2013 - 31.12.2019

The aim of the programme is to increase Switzerland's presence within the UN system. This measure also meets the more general aim of strengthening the influence and quality of Switzerland's political dialogue with the target agencies. The JPO programme will eventually serve to intensify this political dialogue and increase Switzerland's capacity to monitor the work of agencies through direct contact with the JPOs recruited through this programme.


Trans-Border Dialogue for Peace in the Great Lakes Region

01.09.2013 - 31.12.2016

Jointly with the Swedish Development Cooperation (SIDA) and the Division Human Security (DHS), SDC will support a program on trans-border dialogue for peace in the Great Lakes region run by Interpeace. Through a research and dialogue process, the program seeks to address the root causes behind the recurrent conflicts in the Great Lakes region and will propose and disseminate concrete consensus-based solutions to decision makers taking into account the concerns and recommendations of local populations.


Access to Justice in Tajikistan

01.12.2012 - 30.11.2016

Legal reform and ensuring legal security for citizens in Tajikistan are cornerstones of the transition. The project aims to improve access to justice for vulnerable people and is contributing to reforms. Through the provision of legal aid services and the monitoring of law application and implementation practices, potential issues for reform shall be identified and analyzed. Reform proposals based on these analyses shall be advocated and discussed between governmental and non governmental actors. At the same time, the awareness and capacities both of legal service users and providers will be strengthened.


Nachhaltiger Umgang mit natürlichen Ressourcen

Marché de bétail de Togonaso dans le cercle de Koutiala (région de Sikasso)

01.08.2009 - 31.12.2014

Die Bürgerorganisation «Réseau Réussir la Décentralisation» sensibilisiert die Gemeinden und die politischen Vertreter für einen nachhaltigen Umgang mit den natürlichen Ressourcen ihrer Region. Übergeordnetes Ziel ist es, die übermässige Ausbeutung der Goldvorkommen und die Waldrodung zu verhindern.

Land/Region Thema Periode Budget
Mali

Regionen Nara, Bancoumana und Yanfolila

Governance
Konflikt & Fragilität
Konfliktprävention und -transformation
Dezentralisierung
Politik des öffentlichen Sektors
Konfliktprävention

01.08.2009 - 31.12.2014


CHF  4’970’000


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