21.09.2018

Solothurn, 21.09.2018 - Speech by Federal Councillor Ignazio Cassis at the opening of the Solothurn Autumn Fair HESO 2018 - Check against delivery

Speaker: Head of Department, Ignazio Cassis

Sehr geehrter Herr Präsident der HESO Urs Unterlerchner
Sehr verehrte Frau Regierungsrätin Brigit Wyss
Sehr verehrter Herr Regierungsrat Roland Fürst
Sehr geehrter Herr Stadtpräsident, lieber Kurt
Liebe Mitglieder des Eidgenössischen Parlaments
Sehr verehrte Gäste

1. Reich beladen

«Je suis chargé pour Soleure! »

Ich weiss, weshalb Sie jetzt schmunzeln. Das ist aber nicht so gemeint, wie Sie jetzt meinen.

Mir ist der Ursprung dieses zweideutigen Satzes bekannt. Es geht um die jährliche Lieferung des Weines der Bürgergemeinde Solothurn aus Le Landeron am Bielersee in die schönste Barockstadt der Schweiz.

Seit dem 17. Jahrhundert erfolgte dieser kostbare Transport auf dem Wasserweg.

Die Schiffsleute hatten zwar das Recht, sich am Wein zu verköstigen, aber meist sanken die Füllstände der Fässer auf der langen Fahrt so stark, dass sie ziemlich beschwipst in Solothurn ankamen. Daher kommt der inzwischen sprichwörtliche Ausdruck «Il a chargé pour Soleure». Ein anderer Ausdruck für angetrunken zu sein.

Wie gesagt: Ich meine es ganz anders. Ich überbringe Ihnen die reich befrachteten Grüsse des Bundesrates zur Eröffnung der HESO 2018, der grössten Publikumsmesse im Kanton Solothurn.

2. Die heilige Zahl 11

Herzlichen Dank für Ihre Einladung! Ich bin gerne gekommen.

Dies vor allem auch wegen der heiligen Zahl 11. Es ist faszinierend, welche wichtige Rolle diese Zahl im Solothurner Leben spielt. Sie ist omnipräsent. Sie wissen:

11 Kirchen
11 Brunnen
11 Altäre in der Kathedrale
3 x 11 Treppen auf den Turm der Kathedrale
Und so weiter
Die 11. Geburtstage werden besonders gefeiert.
Dann gibt es noch das «Öufi-Bier»
Und ich komme zu Ihnen nach Solothurn nach 11 Monaten im Amt.

Dazu kommt: Ein Schweizer Aussenminister darf keine Gelegenheit auslassen, nach Solothurn zu kommen, aus Respekt vor der französischen Ambassadorenstadt.

3. Alte Verbindungen mit dem Tessin

Ich bin aber auch gerne wegen den engen Verbindungen zwischen dem Kanton Solothurn und dem Tessin angereist.

Nur einige Beispiele:

a)  Die mächtige Kathedrale Solothurn wurde im 18. Jahrhundert von den Architekten Gaetano Pisoni und dessen Neffen Paolo Antonio Pisoni aus Ascona erbaut.
Wissen Sie, wie lange die Bauzeit dauerte? Raten Sie mal!
11 Jahre….

b)  Ich erinnere auch daran, dass das Tessin bis 1803 Untertanengebiet der Eidgenossenschaft war, damit auch von Solothurn.

Da gab es doch bei uns im 18. Jahrhundert den Solothurner Landvogt Urs Viktor Joseph von Roll. Dieser «Landfògto» - so wurden die Landvögte im Tessin im Volksmund genannt - war weniger berühmt als seine Frau Anna-Ludovica von Roll. Sie ist nämlich in die Weltliteratur eingegangen.

Die Tessiner hatten ihre heimliche Schadenfreude an der Tatsache, dass ihr gegenwärtiger «Landfògto» ein gehörnter Ehemann war. Seine Frau war eines der zahlreichen Verführungsopfer des berühmten Frauenhelden Giacomo Casanova. Es geschah 1760 in Solothurn, im lauschigen Gärtchen des von Roll-Hauses, unweit von hier…

c)  Eine weitere Verbindung – und da bitte ich alle Nichtfreisinnigen kurz wegzuhören - beide Kantone sind katholisch geprägt und liberal.

4. Kraftort Wald

Sehr verehrte Damen und Herren

Nun aber zur Eröffnung der diesjährigen HESO, und insbesondere zur Sonderausstellung «Kraftort Wald». Sie hätten kein aktuelleres Thema wählen können. Der zu Ende gegangene Hitzesommer hat uns die Augen geöffnet.

Einerseits ist uns bewusst geworden, dass der Wald – neben allen anderen Vorzügen – auch noch Schattenspender ist…

Andererseits aber auch, dass beispielsweise die Buchen schon im Sommer Laub abgeworfen haben. Diese Baumart prägt den Solothurner Wald ja besonders.

Als Tessiner bin ich mich an Waldbrände gewohnt. Die Berliner und, vor allem, die Schweden sind es nicht. Dass auch die Wälder im Norden brennen, ist ein neues Phänomen.

Und der ausgezeichnet gestalteten Sonderausstellung kann man entnehmen, dass die erwähnten Buchenwälder in den kommenden Jahrzehnten nach und nach Eichengehölzen weichen werden. Aus einem einfachen Grund: Eichen ertragen den Hitzestress besser als Buchen und Fichten.

Hitzestress – ein Wort, das vor diesem Sommer kaum bekannt war.

In ihrer Ausstellungsbroschüre hielt ich fest:

Bäume zeigen uns, was es braucht um stark zu sein: eine gute Verwurzelung und Raum zur Entfaltung. Beides braucht es auch für eine starke Aussenpolitik. Anders formuliert: Aussenpolitik ist Innenpolitik.

5. Aussenpolitik

Zur Aussenpolitik nun zwei Worte bezüglich die «Selbstbestimmungsinitiative», worüber wir am 25. November abstimmen werden.

Der Titel der Initiative ist verlockend: Selbstbestimmung: wer will das nicht! Doch das Etikett deckt sich schlecht mit dem Inhalt. 

Die Initiative will den Umgang mit internationalen Verträgen ändern, wenn es zwischen diesen Verträgen und unserer Verfassung einen "Widerspruch" gibt.

In allen solchen Konfliktfällen wäre die Schweiz gezwungen, Verträge mit anderen Ländern anzupassen oder zu kündigen.

Wir würden damit viel Bürokratie schaffen und uns in der Realität abhängiger von anderen Staaten machen. Daher haben Bundesrat und Parlament die Initiative abgelehnt.

Damit aber genug Politik für heute.  

6. Nachhaltiger Einsatz

Zurück in den Wald: Besonders nachhaltig ist eine sympathische Aktion während der diesjährigen HESO: für jedes verkaufte Schokoladen-Eichenblatt wird von Schülern auf der Fläche, die der Sturm Burglind Anfang Jahr hinterlassen hat, ein Eichenbäumchen gepflanzt. Mit einer Schadenfläche von etwa 200 Hektaren traf Burglind den Kanton Solothurn besonders hart.

Die Schüler leisten damit einen tollen Einsatz!

7. Redewendungen um den Wald

Sehr verehrte Damen und Herren

Es hat viele Redewendungen, die mit dem Wald zu tun haben - und auch zum politischen Leben besonders gut passen.

Erstes Bespiel:
«So wie man in den Wald hineinruft, so schallt es zurück»

Ich schliesse aus dieser verbreiteten Redewendung: So wie man andere Politiker behandelt, so wird man auch selbst behandelt.

Zweites Beispiel:
«Ich kann den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sehen»

Wie oft können wir Politiker die Lösung eines Problems nicht sehen, weil wir uns in den Details verlieren.

Und zuletzt zum Ausdruck «hanebüchen». Er stammt ebenfalls aus dem Wald, abgeleitet von der Hagebuche und deren knorrigem Holz.

Ich verrate Ihnen nicht, wann zuletzt für mich etwas hanebüchen war– im übertragenen Sinne an den Haaren herbeigezogen.

Aber eines versichere ich Ihnen. Die HESO und die Sonderausstellung «Kraftort Wald» sind alles andere als hanebüchen.
Sie sind schlicht und einfach eine tolle Sache!

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!


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