Die Schweiz und die Ukraine pflegen seit der Unabhängigkeit der Ukraine 1991 gute und vielfältige diplomatische Beziehungen. Im Juli 2020 fand mit dem Besuch von Bundespräsidentin Sommaruga der erste Besuch eines/r Schweizer Bundespräsidenten/in in der Ukraine statt. Mit der 2022 in Lugano abgehaltenen Ukraine Recovery Conference und den seither erfolgten Besuchen von Bundespräsident Cassis und Berset in der Ukraine sind die bilateralen Kontakte noch einmal enger geworden.
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Aktuelle Informationen und Massnahmen des Bundes im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine finden Sie auf folgenden Webseiten:
Krieg gegen die Ukraine – Massnahmen des Bundes seit dem 24.02.2022
Ukraine - Newsübersicht
Schwerpunkte der diplomatischen Beziehungen
Die vielfältige Ukrainepolitik der Schweiz konzentriert sich auf zwei Schwerpunkte: die Unterstützung des Reformprozesses sowie das Engagement im Bereich der friedlichen Konfliktlösung. Vor der militärischen Aggression Russlands gegen die Ukraine lag der Fokus auf der Förderung der Stabilität und Prosperität durch technische Zusammenarbeit, der Friedenspolitik, wirtschaftlichen Kooperation und der humanitären Hilfe. Seit der militärischen Aggression Russlands gegen die Ukraine engagiert sich die Schweiz verstärkt für die Souveränität und die territoriale Integrität der Ukraine. Neben den bilateralen Beziehungen wird auch der Zusammenarbeit im multilateralen Bereich einen hohen Stellenwert zugeschrieben: So arbeiten die Ukraine und die Schweiz z.B. in der von der Schweiz geleiteten Stimmrechtsgruppe in der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) eng zusammen.
Ukraine Recovery Conference (URC2022) in der Schweiz
Der Name und die Zielsetzung der seit 2017 jährlich stattfindenden Ukraine-Reformkonferenz (URC) wurden anfangs 2022 gemeinsam von der Ukraine und der Schweiz angepasst. Am 4. und 5. Juli 2022 fand in Lugano die Ukraine Recovery Conference (URC2022) statt. Diese Konferenz mit dem Fokus auf Wiederaufbau wurde anstelle der vor der russischen Aggression geplanten fünften Ukraine-Reformkonferenz organisiert. Der Weg zum Wiederaufbau der Ukraine führt über einen breit abgestützten politischen und diplomatischen Prozess. Diesen Prozess haben die Schweiz und die Ukraine in Lugano lanciert. Konkret diskutiert wurden dabei der Wiederaufbau- und Entwicklungsplan der Ukraine sowie die Beiträge der internationalen Partner. Am Ende der Konferenz haben die Schweiz und die Ukraine gemeinsam mit den teilnehmenden Partnern die Lugano-Deklaration verabschiedet, welche den Rahmen für den politischen Prozess des Wiederaufbaus bildet. Sie enthält die Lugano-Prinzipien als gemeinsame Richtwerte für die Zukunft.
Wirtschaftliche Zusammenarbeit
Bis zum 24.2.2022 haben sich die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen erfreulich entwickelt. Die Ukraine war eine dynamische, attraktive Volkswirtschaft mit viel Potential, welche trotz hoher Reformbedürftigkeit grosse Schweiz Investments angelockt hat (die CH war drittwichtigster Investor 2020 mit 3.1 Mrd. USD; Handelsvolumen 2021: 831 Mio. CHF).
Die allgemeine Unsicherheit sowie die Unsicherheit über die wirtschaftliche Entwicklung sind nun aber hoch. Langfristige wirtschaftliche Prognosen sind zum aktuellen Zeitpunkt sehr schwierig. Das stellt auch für den Schweizer Privatsektor eine Herausforderung dar, der bisher eine starke Präsenz auf dem ukrainischen Markt hatte.
Zusammenarbeit in den Bereichen Bildung, Forschung und Innovation
Nachwuchsforschende aus der Ukraine können sich beim SBFI um Bundes-Exzellenz-Stipendien bewerben.
Über den Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung wurde ein Kredit für wissenschaftliche Solidarität zugunsten ukrainischer Forscherinnen und Forscher in der Schweiz in Höhe von 9 Millionen Franken eingerichtet.
Bundes-Exzellenz-Stipendium für ausländische Forschende und Kulturschaffende SBFI
Frieden und Menschenrechte
Die Schweiz setzt sich im Kontext der militärischen Aggression Russlands für Dialog, den Schutz der Zivilbevölkerung und Bekämpfung von Straflosigkeit sowie für die Achtung der Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts ein. Dies geschieht durch die Zusammenarbeit mit Regierungsstellen sowie lokalen und internationalen Organisationen. Ziel des seit dem 24. Februar 2022 angepassten friedenspolitischen Programms ist es unter anderem, die Partner in der Ukraine bei komplexen Themen wie beim Umgang mit Vermissten zu begleiten und einen Ansatz von Gerechtigkeit zu fördern, welcher die Stimmen der Opfer berücksichtigt. xperten in den Bereichen Mediation, Waffenstillstand, Amnestiefragen und Humanitäres helfen mit, politische Lösungen für den Konflikt im Osten der Ukraine auszuarbeiten und umzusetzen.
Internationale Zusammenarbeit
Die Schweiz unterstützt die Ukraine bereits seit den 1990er Jahren bei den Reformbemühungen des Landes. Sie engagiert sich insbesondere für die Verbesserung des Lebensstandards der Bevölkerung, für effizientere öffentliche Dienstleistungen und für die Förderung eines nachhaltigen Wirtschaftswachstums.
Angesichts der militärischen Aggression Russlands erhielt das Engagement der Schweiz nach dem 24. Februar 2022 eine starke humanitäre Komponente. Diese ist jedoch auf die thematischen Prioritäten des bisherigen langfristig angelegten Kooperationsprogramms abgestimmt, welches folgende Schwerpunkte umfasst:
- Stärkung demokratischer Institutionen
- Verbesserung der Gesundheit (Verbesserung der Grundversorgung)
- Nachhaltige Stadtentwicklung (z.B. Energieeffizienz, nachhaltige Mobilität)
- Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit von kleinen und mittleren Unternehmen (landwirtschaftliche Unternehmen, Zugang zu Finanzdienstleistungen)
Das aktuelle Engagement beruht auf dem Kooperationsprogramm 2020–2023, das bis 2024 verlängert wurde.
Erhalt Kulturgüter
Der Bund setzte sich für den Schutz des reichhaltigen ukrainischen Kulturerbes ein, indem er Projekte von Akteuren der Zivilgesellschaft finanzierte sowie internationale Organisationen wie die UNESCO oder die OSZE finanziell unterstützte. Um die Zerstörung und den illegalen Transfer ukrainischer Kulturgüter zu verhindern, wurden Gelder beispielsweise für verstärkte Grenzkontrollen und die Einrichtung einer Online-Plattform zur Erleichterung des Informationsaustauschs zwischen den Ländern bereitgestellt.
An über fünfzig Museen in den Regionen Odessa und Charkiw wurde Schutz- und Verpackungsmaterial geliefert, das in der Ukraine nicht mehr erhältlich ist. Darüber hinaus wurden mehrere einzigartige Werke aus der Sammlung des Nationalen Kunstmuseums in Kyjiw in die Schweiz gebracht, um sie zu erhalten und der Öffentlichkeit zu präsentieren. Für die öffentlichen Bibliotheken der Schweiz wurde mit finanzieller Unterstützung des Bundes eine Sammlung von Büchern in ukrainischer Sprache aufgebaut.
Schweizerinnen und Schweizer in der Ukraine
Vor der militärischen Aggression Russlands am 24.2.2022 lebten gemäss Auslandschweizerstatistik 258 Schweizerinnen und Schweizer in der Ukraine.
Geschichte der bilateralen Beziehungen
Die Kontakte zwischen der Schweiz und der Ukraine reichen bis in die Zarenzeit zurück. Damals war das Gebiet der heutigen Ukraine ein Auswanderungsziel für Schweizerinnen und Schweizer. So entstand vor über 200 Jahren die Kolonie «Zürichtal» auf der Halbinsel Krim. Wenig später gründeten Westschweizer Weinbauern in der Gegend von Odessa die Kolonie Schabo. Im späteren 19. Jahrhundert zählten Bündner Zuckerbäcker zu den Besitzern namhafter Konditoreien und Cafés in Kyjiw, Odessa und Charkiw.
Die Anerkennung der Unabhängigkeit der Ukraine durch die Schweiz erfolgte am 23.12.1991. Bern und Kyjiw haben beinahe unmittelbar nach der Unabhängigkeit der Ukraine im Dezember 1991 Botschaften im jeweils anderen Land eröffnet. 1993 wurden ein Schweizer Botschafter in Kyjiw und ein ukrainischer Botschafter in Bern akkreditiert. Seit 1992 unterzeichneten die Schweiz und die Ukraine zahlreiche Abkommen in verschiedenen Bereichen der Zusammenarbeit.