Armenien ist territorial und administrativ stark fragmentiert. 2016 hatte die Hälfte der 885 Gemeinden des Landes weniger als tausend Einwohner. Dies führt zu Problemen: Je kleiner eine Gemeinde ist, desto schwieriger wird es aufgrund der beschränkten finanziellen Ressourcen, grundlegende Dienstleistungen bereitzustellen und die Infrastruktur zu unterhalten. Betroffen sind etwa die Wasser- oder Stromversorgung oder die Instandhaltung von Schulen und Strassen. Die armenische Regierung plant daher Gemeindezusammenschlüsse. Sie möchte die Zahl der Gemeinden auf 250 senken, selbst wenn Fusionen Ängste auslösen. Vor allem die Menschen in den der sehr kleinen Gemeinden befürchten, in einem grösseren Verbund vernachlässigt zu werden. Die Schweiz hilft, solche Ängste abzubauen, indem sie die betroffenen Gemeinden bei der Einführung moderner Gouvernanzsysteme unterstützt, die das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in den Staat stärken.
Gemeindezusammenschlüsse: Situation in der Schweiz
Artikel von Avenir Suisse – Noch 2294 Gemeinden in der Schweiz
Modernisierung der Gemeindeverwaltung
Dank der Kombination verschiedener Elemente können die Gemeinden effizienter arbeiten und den Austausch zwischen Bevölkerung und Verwaltung verbessern:
Zentrale Anlaufstellen: Sogenannte Guichets uniques sollen Verwaltungsverfahren für Bevölkerung und Gemeinde vereinfachen. Hier können die Bürgerinnen und Bürger Gebühren zahlen, eine Bewilligung einholen oder sich von Gemeindeangestellten beraten lassen.
Massgeschneidertes elektronisches Gouvernanzsystem: Dank dem «Municipal Management Information System (MMIS)» können die Bürgerinnen und Bürger an Entscheidungsprozessen teilhaben und leichter auf öffentliche Informationen zugreifen, und die Gemeindebehörden können schneller arbeiten. Das System wurde bereits mehrfach ausgezeichnet, etwa 2016 mit dem regionalen Preis für die beste elektronische Lösung für Gemeinden.
Modernes Verfahren zur ergebnisorientierten Ausgestaltung des Budgets: Dank diesem können die finanziellen und nichtfinanziellen Ressourcen der Gemeinde auf der Grundlage von fünfjährigen Entwicklungsplänen geplant werden, wobei die Kosten der Aktivitäten im Detail aufgeführt werden.
Förderung des politischen Engagements von Frauen
«Towards Change» lautete der Wahlslogan von Srbuhy Grigoryan, die 2016 für das Bürgermeisteramt von Sisian, einer Stadt mit 16ʼ000 Einwohnerinnen und Einwohnern im Süden Armeniens, kandidierte. Grigoryan ist Journalistin und lehrt Philosophie und Kulturwissenschaft an der Universität. Sie leitet das «Women’s Resource Center» ihrer Stadt, wo sie zahlreiche Frauen beschäftigt, die Kunsthandwerk aus Wolle, Holz und Textilien herstellen.
Grigoryan sitzt seit 2012 als einzige Frau im 15-köpfigen Gemeinderat von Sisian. Im Landesdurchschnitt sind nur 10% der Gemeindeämter von Frauen besetzt. Schuld daran sind tief verankerte Stereotype, die Frauen daran hindern, in Führungspositionen zu gelangen: «Es gibt diese berühmte Behauptung – vielleicht nicht nur in Armenien –, dass Politik unmoralisch sei, und in unserer Gesellschaft müssen sich Frauen immer moralisch und anständig verhalten», sagt Srbuhy Grigoryan.
Geschlechterstereotype sind aber nicht das einzige Hindernis: Wer für das Bürgermeisteramt kandidieren möchte, muss eine Registrierungsgebühr von 500ʼ000 armenischen Dram (rund 1000 CHF) bezahlen. Der monatliche Durchschnittslohn beträgt 55ʼ000 Dram (etwa 115 CHF). Grigoryan konnte dank der Unterstützung des UNDP ein Crowdfunding-Konto einrichten und ein professionelles Video aufnehmen, in dem sie ihr Wahlprogramm vorstellte. Das UNDP setzte denjenigen Teil des Programms um, der die Erhöhung des Frauenanteils in der Politik zum Ziel hatte. Grigoryan konnte mehr Mittel beschaffen, als für ihre Kampagne nötig war. Auch wenn sie nicht gewählt wurde, bleibt sie die erste Frau, die für das Stadtpräsidium von Sisian kandidierte.
Mehr zu diesem Teil des Projekts im folgenden Video: