Der Vertrag von Lissabon

Das Bild zeigt das Logo des Vertrags von Lissabon. Dieser wurde 2007 von den EU-Mitgliedstaaten unterzeichnet und 2009 ratifiziert.
Mehr Bürgernähe und Transparenz: Der Reformvertrag von Lissabon hat frühere Verträge nicht ersetzt, sondern aktualisiert. © Europäische Union

Nachdem eine geplante Verfassung für Europa nicht in Kraft treten konnte, wurden bestehende Verträge der Union reformiert und weiterentwickelt. Institutionelle Neuerungen des Verfassungsvertrags wurden aber beibehalten. Der damit entstandene Vertrag von Lissabon regelt unter anderem den Austritt eines Mitgliedstaats, wovon das Vereinigte Königreich am 31.01.2020 Gebrauch machte.

Im Oktober 2004 unterzeichnete der Europäische Rat den Vertrag über eine Verfassung für Europa, um die Vielzahl der bisherigen Verträge zu ersetzen und das rechtliche Fundament der EU klarer zu strukturieren: Die EU sollte entscheidungsfähiger, transparenter, demokratischer und bürgernaher werden. Im Mai bzw. Juni 2005 wurde der Verfassungsvertrag jedoch in Frankreich und den Niederlanden in Volksabstimmungen abgelehnt.

Der Weg zum Reformvertrag

Im Juni 2007 einigten sich die Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedstaaten im Grundsatz darauf, diesen ursprünglichen Verfassungsvertrag durch einen neuen EU-Reformvertrag zu ersetzen. Die wichtigsten institutionellen Neuerungen des Verfassungsvertrags wurden beibehalten, wodurch die Entscheidungsfähigkeit, Effizienz und verstärkte Bürgernähe einer wachsenden EU auch mit dem Reformvertrag gewährleistet sein sollten. Am 13. Dezember 2007 unterzeichneten die EU-Staaten in Portugal den neuen Vertrag, genannt «Vertrag von Lissabon», den alle Mitgliedstaaten bis 2009 ratifizieren sollten.

Bei einer ersten Abstimmung im Juni 2008 lehnte die irische Bevölkerung den Vertrag jedoch ab. Nachdem der Europäische Rat Irland gegenüber einige Konzessionen gemacht hatte, liess die irische Regierung die Abstimmung wiederholen. Am 2. Oktober 2009 stiess der Vertrag von Lissabon bei den irischen Stimmberechtigten auf eine breitere Zustimmung. Nachdem auch Polen und zuletzt die Tschechische Republik den Vertrag ratifiziert hatten, trat dieser am 1. Dezember 2009 in Kraft.

Reform bestehender Verträge statt Verfassung

Mit dem Vertrag von Lissabon wurden frühere Verträge nicht ersetzt, sondern geändert. Die neuen Grundlagen der EU heissen seither «Vertrag über die Europäische Union (EUV)» und «Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV)». Die wichtigsten Inhalte des ursprünglichen Verfassungsvertrages wurden übernommen und das politische System reformiert, so wurde mit dem Lissaboner Vertrag beispielsweise das zuvor bestehende Drei-Säulen-Modell abgeschafft. Interne Koordinationsmechanismen wurden ausgebaut, Vetomöglichkeiten der einzelnen Mitgliedstaaten eingeschränkt und dem Parlament zusätzliche Befugnisse erteilt. Zudem erhielt die EU eine eigene Rechtspersönlichkeit, so dass sie etwa in der Gemeinsamen Aussen- und Sicherheitspolitik als eigenständige Institution auftreten kann.

Brexit

Seit 2009 sieht der Vertrag über die Europäische Union (EUV) auch die Möglichkeit zum Austritt eines Mitgliedstaates aus der EU vor. Die gesetzliche Grundlage dafür ist in Art. 50 geregelt. Eine Mehrheit der Stimmbevölkerung im Vereinigten Königreich hat mit dem Votum vom 23. Juni 2016 den Austritt aus der EU beschlossen. Dieser fand schliesslich am 31. Januar 2020 statt. In der anschliessenden Übergangsphase verblieb das Vereinigte Königreich bis Ende 2020 im europäischen Binnenmarkt. 

Meilensteine