11.04.2024

Eröffnungsrede von Bundespräsidentin Viola Amherd, Chefin des Eidgenössischen Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS), am «International Cooperation Forum Switzerland 2024», Basel, Donnerstag, 11. April 2024.

Es gilt das gesprochene Wort

Frau Präsidentin  
Exzellenzen
Meine Damen und Herren

Herzlichen Dank für die Einladung ans International Cooperation Forum Switzerland. Es ist mir eine Ehre, Frau Präsidentin, diesen wichtigen Anlass mit Ihnen gemeinsam zu eröffnen und zu Ihnen allen, meine Damen und Herren, zu sprechen.

Unsere Tagung stellt die Frage, was Frieden ausmacht und wie er erreicht wird. Für mich ist das Wort eng verknüpft mit Freiheit und Sicherheit, ich denke dabei an einen Sommertag und eine Wanderung in den Bergen. Jede und jeder hier im Saal hat andere Bilder. Was uns und alle Menschen verbindet, ist die grosse Sehnsucht, die mit dem Wort «Frieden» verbunden ist.

Wir leben in anspruchsvollen, auch widersprüchlichen Zeiten. Technologie und Forschung machen beeindruckende Fortschritte in hoher Kadenz. Basel ist ein idealer Ort, um daran zu erinnern.

In anderen Bereichen ist die Entwicklung leider rückläufig. Weltweit wird wieder vermehrt auf rohe Machtpolitik zurückgegriffen, bei der eine wachsende Anzahl von Akteuren militärische Gewalt anwendet, um die eigenen Interessen durchzusetzen.

Die Schweiz ist verpflichtet, dieser Entwicklung im Rahmen ihrer Möglichkeiten entgegenzuhalten. Das Hinwirken auf ein friedliches Zusammenleben der Völker ist ein Auftrag unserer Verfassung. Ausserdem haben Länder wie die Schweiz ein existenzielles Interesse daran, dass die internationalen Beziehungen und die internationale Ordnung auf Regeln beruhen und nicht auf dem Recht des Stärkeren.

Friedensförderung ist das Gebot der Stunde. Im Folgenden will ich erläutern, wie sich die Schweiz in der UNO für den Frieden engagiert und wie sie die zivile und die militärische Friedensförderung ausrichtet.

Exzellenzen
Meine Damen und Herren

Eine Voraussetzung, um Konflikte aller Art zu befrieden, ist gegenseitiges Vertrauen. Darum ist es nicht gut bestellt aktuell, das wissen wir alle. Die Schweiz plädiert in dieser Situation für eine starke und effiziente UNO, die als Dialogplattform funktioniert.

Wir brauchen einen gestärkten Multilateralismus, das ist ein Thema, das ich in meinem Präsidialjahr unterstreichen will. Weitere Grundbausteine von Vertrauen in der Weltgemeinschaft sind Inklusion – also die Teilhabe aller gesellschaftlichen Gruppen zum Beispiel an Friedenslösungen –, einen erneuerten Respekt vor internationalen Normen und faktenbasierte Diskussionen.

Zu den Prioritäten der Schweiz im UNO-Sicherheitsrat zählt die Klimasicherheit. Das ist ein bedeutender Faktor, denn ohne Berücksichtigung der veränderten klimatischen Bedingungen ist die Halbwertszeit von Friedensbemühungen sehr beschränkt.

Betonen will ich zudem die Rolle der Geschlechtergerechtigkeit beim Aufbau einer friedlicheren Welt. Die Agenda "Frauen, Frieden und Sicherheit" der UNO ist ein entscheidendes Instrument, um sicherzustellen, dass die Rechte von Frauen und Mädchen sowohl in Friedens- als auch in Konfliktzeiten geschützt und gefördert werden. Die Schweiz setzt sich dafür ein, dass der Sicherheitsrat dieses Instrument nutzt.

Auch losgelöst vom Engagement im Rahmen der UNO bleibt das internationale Ansehen der Schweiz in der Friedensförderung hoch. Zum einen werden wir wahrgenommen als ehrlicher und neutraler Akteur ohne koloniale Vergangenheit und ohne versteckte Interessen. Zum anderen leisten wir wertvolle Beiträge zugunsten der internationalen Gemeinschaft und auch auf regionaler und lokaler Ebene.

Als Mediatorin bleibt die Schweiz ebenfalls gefragt und erhält regelmässig Anfragen von Konfliktparteien. Letztes Jahr hat die Schweiz in Subsahara-Afrika drei neue Mandate erhalten. Sie nimmt diese Arbeit insbesondere auch in vertrackten Konflikten wahr, die sich fernab der Kameras abspielen, aber viel Leid verursachen und einen langen Atem erfordern.  

In der zivilen Friedensförderung bekämpft die Schweiz Konfliktursachen wie fehlende wirtschaftliche Perspektiven. Sie engagiert sich für breit abgestützte Entscheide, für Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit, für nationale Dialoge und sie unterstützt über Kulturprogramme den sozialen Zusammenhalt. Es ist ja einer der Kerngedanken dieser Tagung, humanitäre Hilfe, Entwicklung und Friedensförderung zusammenzudenken und an übergeordneten Zielen auszurichten.

Zu den Weltgegenden, in denen die Schweiz diesen Gedanken in die Praxis umsetzt, zählt das Horn von Afrika. Die Grossregion ist von wiederkehrenden ökologischen Krisen und zugleich von Konflikten betroffen. Die Schweiz unterstützt ihre Partnerländer, darunter auch Äthiopien, mit dem sogenannten Triple-Nexus-Ansatz, der die Instrumente der humanitären Hilfe, der Entwicklungszusammenarbeit und der Friedensförderung kombiniert.

Auf diese Weise wollen wir die Widerstandsfähigkeit der Bevölkerung verbessern und langfristig zu Stabilität und Wachstum beitragen. Ich bin gespannt, Frau Präsidentin, auf Ihre Erläuterungen zur Lage in Ihrem Land.

Neben dem friedenspolitischen Engagement in der UNO und der zivilen Friedensförderung stehen die friedensfördernden Einsätze der Schweizer Armee. Die militärische Friedensförderung schafft mit ihren Leistungen die Voraussetzungen für die Konsolidierung des Friedens.

Angesichts der weltweiten Polarisierung und der russischen Gefahr legen die NATO-Staaten, darunter auch unsere Nachbarn Italien, Frankreich und Deutschland, ihren militärischen Fokus auf die Ostflanke der Allianz. Durch diese Priorisierung stehen weniger Ressourcen für friedensfördernde Einsätze zur Verfügung – auch wenn den Ländern die Bedeutung dieser Missionen durchaus bewusst ist.

Damit eröffnet sich eine Nische für die Schweiz, die gemeinsamen Anstrengungen gleichgesinnter Staaten mitzutragen und ihre Solidarität zu bezeugen. Besonders gefragt sind hochwertige Leistungen und qualifiziertes Personal. Der grösste friedensfördernde Einsatz der Schweizer Armee liegt im Westbalkan, aber sie unterstützt auch UNO-Missionen in Afrika und im Nahen Osten. Hinzu kommen Engagements in der Humanitären Minenräumung, in regionalen Ausbildungszentren in Kenia und Ghana sowie die Entwaffnung und Demobilisierung ehemaliger Rebellen in Mosambik.

Wenn aktuell von der Sehnsucht nach Frieden die Rede ist, denken wir hier in der Schweiz immer auch an den russischen Krieg gegen die Ukraine. Es handelt sich dabei nicht um eine nur europäische Angelegenheit. Es ist vielmehr im Interesse aller, dass die Weltgemeinschaft wieder stabiler wird, dass das internationale Recht befolgt und respektiert wird, dass wir Ressourcen freispielen können für die Armutsbekämpfung und die Bewältigung des Klimawandels.

Aus all diesen Gründen und aus Solidarität mit der ukrainischen Bevölkerung hat sich die Schweiz bereit erklärt, eine Konferenz zum Frieden in der Ukraine auszurichten.

Gestern hat der Bundesrat die Eckpunkte dieser Konferenz bekannt gegeben. Jetzt gehen in kurzer Frist die Einladungen raus.

Es geht darum, erste konkrete Schritte für einen Friedenprozess zu unternehmen.  Die Konferenz wird als Plattform dienen, bei der alle anwesenden Staaten ihre Vorstellungen einbringen können.  

Was wir sicher brauchen werden, ist das Engagement und die Unterstützung eines grossen Teils der Weltgemeinschaft.
Exzellenzen
Meine Damen und Herren

Die Schweiz hat in der Friedenspolitik eine grosse Tradition. Dabei ist es jedoch wichtig, über die Tätigkeit von Staaten und Verwaltungsstellen hinauszudenken. Um die grossen Herausforderungen der Gegenwart angehen zu können, sind wir selbstverständlich auf die Zivilgesellschaft, die Hochschulen und den Privatsektor angewiesen. Der Einbezug dieser Institutionen ist Teil unserer Tagung.

Das Zusammendenken der Instrumente, das Zusammenspiel der zivilen und der militärischen Friedensförderung, der Einbezug aller Sektoren: So müssen wir arbeiten. Schritt für Schritt, um die Situation zu verbessern, auch wenn wir derzeit leider weit von einer friedlichen Welt entfernt sind. Schon um kleine Verbesserungen müssen wir ringen. Dazu braucht es das persönliche Engagement von allen!

Meine Damen und Herren, ich danke Ihnen dafür und für Ihre Aufmerksamkeit.


Adresse für Rückfragen:

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Bundeshaus Ost
CH - 3003 Bern


Herausgeber:

Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport
Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten


Letzte Aktualisierung 29.01.2022

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