Zum Thema, Anne-Lise Favre Pilet
Genf ist aus verschiedenen Gründen ein idealer Ort für die Förderung des Dialogs zwischen Konfliktparteien: seine geografische Lage im Herzen Europas und auf halbem Weg zwischen Ost und West, seine lange humanitäre Tradition, die mit der Gründung des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz ihre Anfänge nahm, oder seine Grösse und Infrastruktur. Der Flughafen liegt nur 15 Minuten vom Palais des Nations entfernt. Die Neutralität der Schweiz ist zudem eine Garantie für Unparteilichkeit. Worin besteht die Aufgabe der Schweiz, wenn sie Verhandlungsrunden ausrichtet? «Die Dienstleistungen der Schweiz können je nach Wunsch der Konfliktparteien von der einfachen logistischen Unterstützung bis zur Mediation reichen. Die Teams, die solche Treffen organisieren, sind klein, agil und schnell. Sie können auch kurzfristig eine Verhandlungsrunde durchführen», erklärt Anne-Lise Favre Pilet, die sich in Genf hauptsächlich um Sicherheitsaspekte kümmert.
Die Sicherheit spielt bei solchen Treffen eine zentrale Rolle. Dabei gilt es, eine Vielzahl von Koordinationsaspekten zu berücksichtigen. «Die Gewährleistung der Sicherheit bei den durchschnittlich 4700 Besuchen pro Jahr von Staatsoberhäuptern, Ministerinnen und Ministern sowie anderen Würdenträgern stellt hohe Anforderungen an die Sicherheitskräfte. Zum Schutz der verschiedenen Delegationen arbeiten die Kantonspolizei, die Sicherheitsdienste des Bundes und gelegentlich auch die Armee eng zusammen und koordinieren sich mit den ausländischen Sicherheitsdiensten und der UNO», sagt Anne-Lise Favre Pilet. Hier kommt auch die Sektion Sicherheit und allgemeine Angelegenheiten der Schweizer Mission in Genf ins Spiel. «Unsere Aufgabe ist es, den Informationsfluss und die Koordination zwischen den schweizerischen Ordnungskräften und ihren ausländischen Kolleginnen und Kollegen sicherzustellen, mögliche diplomatische Hürden aus dem Weg zu räumen, die Anreise der Delegationen in Genf zu erleichtern und manchmal auch Sondergenehmigungen zu beantragen, wenn zum Beispiel eine Delegierte oder ein Delegierter aufgrund von Sanktionen nicht einreisen darf», erklärt Anne-Lise Favre Pilet.
Sie war bei vielen der Verhandlungsrunden zum Iran-Atomabkommen in Genf, Montreux oder Lausanne anwesend. Die sieben Delegationen (Iran, USA, Russland, China, Frankreich, Deutschland und EU) wurden oft von den Aussenministern geleitet. «Für uns war es eine einmalige Erfahrung, die sich über mehrere Jahre erstreckte. Jede Verhandlung hat etwas Magisches an sich. Wenn sich Konfliktparteien an einen Tisch setzen, ist das bereits ein Erfolg. Manchmal werden bei diesen Gesprächen wichtige Ergebnisse erzielt, wie ein Waffenstillstand, die Einrichtung einer Übergangsregierung, die Öffnung humanitärer Korridore oder ein Gefangenenaustausch, Schritte weg vom Krieg und hin zum Frieden».