Menschenrechtsdialog mit China: Die Instrumente der Schweizer Diplomatie

Die 17. Runde des Menschenrechtsdialogs zwischen der Schweiz und China fand am 3. und 4. Juli 2023 in der Schweiz statt. Die Schweiz setzt sich entschlossen für den universellen Schutz der Menschenrechte ein – in China und anderswo in der Welt. Das Wichtigste zum aktuellen Treffen und zu den Instrumenten der Menschenrechtsdiplomatie der Schweiz.

Foto der beiden Delegationen während des Dialogs.

Christine Löw, stellvertretende Chefin der Abteilung Frieden und Menschenrechte des EDA, leitete die Schweizer Delegation. Die chinesische Delegation wurde von Yang Xiaokun, dem Sonderbeauftragten für Menschenrechte des chinesischen Aussenministeriums, geleitet. © EDA

Die neuste Runde des Menschenrechtsdialogs zwischen der Schweiz und China fand in Bern statt. Mit der Delegation, die sich aus verschiedenen Vertreterinnen und Vertreter chinesischer Ministerien zusammensetzte, wurden verschiedene Schwerpunktthemen besprochen. Dazu gehören beispielsweise Bürgerrechte sowie politische, wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, Rechte von nationalen oder ethnischen, religiösen und sprachlichen Minderheiten sowie Frauen- und LGBTI-Rechte. Auch spezifische Kontexte von Menschenrechtsverletzungen in Bezug auf Tibeter, Uiguren oder in Hongkong, wurden diskutiert.

Expertenaustausch und ein Besuch vor Ort waren Teil des jüngsten Treffens: eine Reihe von Beispielen, um die Expertise der Schweiz im Bereich der Menschenrechte zu veranschaulichen.

Expertenaustausch

Im Rahmen des Menschenrechtsdialogs konnte seit 2003 ein regelmässiger Expertenaustausch im Bereich der Gefängnisverwaltung aufgebaut werden. «Trotz der grossen politischen und sozialen Unterschiede zwischen China und der Schweiz gibt es im Bereich des Strafvollzugs viele gemeinsame Ansatzpunkte. Dies fördert und stärkt den gegenseitigen Austausch», erklärt Walter Troxler, der für den Expertenaustausch zum Strafvollzug zwischen der Schweiz und China zuständig ist. Der Erfahrungsaustausch fand in unregelmässigen Abständen abwechselnd in China und in der Schweiz statt. Den Delegationen gehören Strafvollzugsexpertinnen und -experten sowie Vertreterinnen und Vertreter der Gefängnisverwaltung und der entsprechenden Aussendepartemente an.

Neben dem Besuch von Einrichtungen bot der Austausch auch die Möglichkeit, in gezielten Workshops spezifische Themen zu erörtern. «Es ging zum Beispiel um die Entlassungsvorbereitung und die Nachbetreuung, die Disziplinarordnung, die Aus- und Weiterbildung, aber auch um Urlaub sowie Berufsbildung und Beschäftigung», erklärt Walter Troxler. Bei den letzten Gesprächen lag der Schwerpunkt auf Themen wie dem risikoorientierten Vollzug in geschlossenen und halboffenen Anstalten sowie dem Strafvollzug für Frauen und Jugendliche.

«Die chinesische Seite zeigt grosses Interesse an der Organisation unseres Vollzugssystems. Im Laufe der Jahre konnten wir verschiedene Veränderungen und Verbesserungen im chinesischen Strafvollzugssystem beobachten, die zum Teil auf unseren gemeinsamen Austausch zurückzuführen sind», stellt der Experte fest.

Besuch im Jura

Die beiden Delegationen diskutieren während des Besuchs in Delémont.
In Referaten und Gesprächen in Anwesenheit des Präsidenten und des Kanzlers der jurassischen Regierung wurde aufgezeigt, wie die Schweiz den innenpolitischen Konflikt bewältigte. © EDA

Die beiden Delegationen reisten nach Delémont, wo sie sich mit dem Vermittler des Bundes in der Jurafrage, Jean-Christophe Geiser vom Bundesamt für Justiz, trafen. Was wollte man der chinesischen Delegation mit diesem Stück Schweizer Geschichte zeigen? «Die Art und Weise, wie die Schweiz einen territorialen Konflikt mit sprachlichen, kulturellen und auch religiösen Komponenten gelöst hat, kann auf internationaler Ebene als Vorbild dienen», erklärt Jean-Christophe Geiser.

Die Jurafrage war der grösste innenpolitische Konflikt der Schweiz seit dem Zweiten Weltkrieg.

Es waren allerdings weitere Volksabstimmungen nötig um die Jurafrage mit dem für 2026 geplanten Wechsel von Moutier zum Kanton Jura endgültig zu lösen. «Im Gegensatz zu anderen Konflikten ging es beim Jurakonflikt nur um die Loslösung eines Kantonsteils innerhalb eines Bundesstaates und nicht um die Abspaltung eines Teilgebietes eines Staates», betont Jean-Christophe Geiser. «Dank der Flexibilität und dem effizienten Handeln der zuständigen Behörden auf Bundes- und Kantonsebene konnte eine Eskalation des Konflikts verhindert werden», ist der Anwalt überzeugt. 

Instrumente der Schweizer Menschenrechtsdiplomatie

Der Saal des Menschenrechtsrats am Sitz der Vereinten Nationen in Genf.
Für die Umsetzung ihrer Menschenrechtspolitik, steht der Schweiz ein vielfältiges Instrumentarium zur Verfügung, das sie bi- und multilateral flexibel einsetzen kann. © Keystone

Der Dialog ist nur eines der Instrumente der Schweizer Menschenrechtsdiplomatie. Neben den Dialogrunden zwischen der Schweiz und China finden auch Initiativen zu Einzelfällen sowie hochrangige Gespräche statt. In diesen Fällen spielt die Schweizer Botschaft in Peking eine wichtige Rolle.

Sie befasst sich regelmässig mit Fällen von Menschenrechtsverteidigern oder Anwältinnen, die verurteilt oder verfolgt wurden. Dazu kommen Feldbesuche in den verschiedenen Regionen Chinas, wo Schweizer Diplomatinnen und Diplomaten die Lage beobachten und sich mit der Zivilgesellschaft austauschen.

Auf multilateraler Ebene trägt die Schweiz mit ihren Aktivitäten im Menschenrechtsrat ebenfalls zum Schutz der Menschenrechte bei. Auch in der UNO-Generalversammlung nimmt sie regelmässig zur Menschenrechtslage in China Stellung, entweder allein oder in Abstimmung mit gleichgesinnten Partnerstaaten. Seit 2019 lag der Fokus der gemeinsamen Erklärungen immer wieder auf der Situation in der chinesischen Region Xinjiang. Die Schweiz fordert ein Ende der Verfolgung von Uigurinnen und Uiguren und die Achtung ihrer Rechte als ethnische, religiöse und sprachliche Minderheit. Ein Instrument des UNO-Menschenrechtsrats ist die Allgemeine regelmässige Überprüfung. In China steht die nächste Überprüfung 2024 an, in dem die Schweiz ebenfalls Empfehlungen abgeben wird.

Im Rahmen des Menschenrechtsdialogs mit China wurden auch wirtschaftliche Fragen und die Auswirkungen von Unternehmensaktivitäten auf die Menschenrechte diskutiert. Dabei ging es unter anderem um die kürzlich erfolgte Ratifizierung des ILO-Übereinkommens über Zwangsarbeit von 1930 und des ILO-Übereinkommens über die Abschaffung der Zwangsarbeit von 1947 durch China. Gestützt auf den Nationalen Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte 2020–2023 fördert die Schweiz die Umsetzung von Sorgfaltspflichten, mit denen Risiken von Menschenrechtsverletzungen und Zwangsarbeit in Lieferketten identifiziert werden können. 

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