Die Schweizer Diplomatie trifft sich in Andermatt
Die Jahreskonferenz der Botschafterinnen und Botschafter beginnt am 17. Juni 2024 und folgt damit direkt auf die hochrangige Konferenz zum Frieden in der Ukraine. Sie bietet eine ausgezeichnete Gelegenheit, mit den Vertreterinnen und Vertretern der Schweiz unmittelbar auf das Gipfeltreffen auf dem Bürgenstock zurückzublicken. Das Treffen ist ausserdem eine einzigartige Plattform, um sich über die Herausforderungen der Schweizer Aussenpolitik auszutauschen, ihre Kohärenz zu stärken und sie mit den Realitäten im Ausland abzugleichen. Dies alles unter Berücksichtigung der aktuellen Lage der Bundesfinanzen.
Rund 210 Personen nehmen an der Botschafterinnen und Botschafterkonferenz 2024 in Andermatt teil. © EDA
Kaum ist die hochrangige Konferenz zum Frieden in der Ukraine zu Ende gegangen, beginnt für die Schweizer Diplomatie die nächste Konferenz. Sie ist zwar in der Öffentlichkeit weniger bekannt, für die Schweizer Aussenpolitik jedoch eine wichtige Veranstaltung: die Konferenz der Schweizer Botschafterinnen und Botschafter vom 17. bis 21. Juni 2024 in Andermatt. Sie vereint jedes Jahr die in Bern und in den rund 170 Auslandvertretungen der Schweiz eingesetzten Botschafterinnen und Botschafter.
«Da das Treffen zufällig direkt nach der Konferenz auf dem Bürgenstock stattfindet, bietet sich uns die hervorragende Gelegenheit, alle Botschafterinnen und Botschafter umgehend und direkt über die Herausforderungen dieser Konferenz für die Schweizer Aussenpolitik zu informieren. Wir können uns auch darüber austauschen, wie sie dieses hochrangige Treffen wahrnehmen, und so die Kohärenz in der Aussenpolitik stärken», betont EDA-Staatssekretär Alexandre Fasel.
Umsetzung der aussenpolitischen Strategie in einem Kontext von Spardruck
Die Aussenpolitische Strategie 2024–2027 steht ebenfalls im Mittelpunkt der diesjährigen Konferenz der Botschafterinnen und Botschafter. Um die Aussenpolitische Strategie 2024–2027 umzusetzen, muss das EDA auch die finanziellen Ressourcen des Bundes berücksichtigen. «Angesichts der aktuellen Finanzlage des Bundes muss die Schweiz in den kommenden Jahren sparen. Die innovativen Strategien und Instrumente des EDA, wie zum Beispiel Science Diplomacy und Sonderbotschafter, erlauben aber trotz der angespannten Bundesfinanzen eine wirksame Umsetzung der Aussenpolitik. Wie diese Strategien und Instrumente eingesetzt werden können, wird an der Konferenz eingehend besprochen», erklärt Alexandra Baumann, Chefin der Abteilung Wohlstand und Nachhaltigkeit des EDA in Bern und verantwortlich für die Organisation der Konferenz.
Die Konferenz der Botschafterinnen und Botschafter bietet die Gelegenheit, die Teilnehmenden über die Ausrichtung der Schweizer Aussenpolitik zu informieren. «Sie gibt uns ein besseres Verständnis dafür, was für das EDA und die anderen Departemente wichtig ist. Dank der Gespräche mit den Bundesratsmitgliedern können wir anschliessend den Gedankenaustausch in unseren Akkreditierungsländern optimieren und anpassen», erklärt Andrea Semadeni, Schweizer Botschafter in Senegal.
Die thematischen Schwerpunkte der Strategie (Demokratie und Gouvernanz – Umwelt – Frieden und Sicherheit – Wohlstand und Wettbewerbsfähigkeit) werden auch in verschiedenen Workshops behandelt. «Indem wir das gesamte Aussennetz einbeziehen, wollen wir eine Brücke zwischen den thematischen Schwerpunkten der Strategie und den einzelnen Kontexten schlagen», erklärt Alexandra Baumann.
Emilija Georgieva, Schweizer Botschafterin in Jordanien, interessiert sich besonders für die Themenbereiche Frieden und Sicherheit sowie Demokratie und Gouvernanz. «Mehr über den konkreten und nachhaltigen Beitrag der Schweiz zu diesen beiden Schwerpunktthemen zu erfahren, ist eine Frage, mit der sich unsere Region derzeit intensiv befasst.»
Aussenpolitik auf dem Prüfstand
Die Konferenz bietet als Ort des Austausches die Gelegenheit, die vom Bundesrat in Bern ausgearbeitete Schweizer Aussenpolitik mit den Realitäten im Ausland abzugleichen. «In einer zunehmend von Konflikten geprägten Welt und angesichts der instabilen wirtschaftlichen und politischen Lage, sowie ein zunehmend transaktionsorientierter Ansatz in den internationalen Beziehungen geprägt ist, ist das notwendig», unterstreicht Alexandre Fasel.
Emilija Georgieva schliesst sich den Worten des EDA-Staatssekretärs an: «Diese Konferenz ist für mich eine einzigartige Plattform für den Austausch mit meinen Kolleginnen und Kollegen an der Zentrale und im Aussennetz. Gerade in der aktuellen Situation ist es umso wichtiger, unsere unterschiedlichen Erfahrungen zu diskutieren und neue Ansätze für unsere Aussenpolitik zu erörtern.»
Die Botschafterinnen und Botschafter bringen ihre eigenen Erfahrungen und Sichtweisen im Gepäck mit. Felix Baumann, Schweizer Botschafter in der Ukraine, betont, wie je nach Region des Landes unterschiedliche Realitäten erlebt werden. «In der Ukraine müssen ganz verschiedene Programme gleichzeitig umgesetzt werden: humanitäre Hilfe für die am stärksten betroffenen Bevölkerungsgruppen in der Nähe der Front, Kooperationsprogramme in den Bereichen Gesundheit, Gouvernanz und Dezentralisierung, Unterstützung für KMU sowie Projekte zur Friedensförderung und zur Stärkung der Menschenrechte. In diesem Sinne kann die Ukraine weltweit als Modell für andere Konfliktsituationen dienen, da die internationale Gemeinschaft bei anderen bewaffneten Konflikten meistens sequenziell vorgeht.»
So möchte Botschafter Andrea Semadeni auf den Generationenwechsel im Senegal und die entsprechenden Auswirkungen auf die Region aufmerksam machen und auf die Unsicherheit und die Notwendigkeit von wohlüberlegten Massnahmen im Sahel hinweisen.
Oase, Stammtisch im Piz Cam und Quelle von Ideen
Zurück in der Schweiz finden die Botschafterinnen und Botschafter ihre Wurzeln, Lieblingsorte, Familien und Freundschaften wieder. Worauf freuen sie sich bei ihrer Rückkehr in die Heimat am meisten?
Emilija Georgieva, die zurzeit in Amman arbeitet, beschreibt die Jahreskonferenz der Botschafterinnen und Botschafter in Andermatt als «temporäre Bergoase». «Obwohl Jordanien als Stabilitätsanker im Nahen Osten gilt, ist mein Gastland politisch, wirtschaftlich und sozial sehr stark vom Gaza-Konflikt betroffen. Das spüren wir natürlich auch im Team der Vertretung», so die Diplomatin weiter.
Der in Dakar stationierte Botschafter Andrea Semadeni freut sich auf die lebhaften Stammtisch-Diskussionen im Restaurant Piz Cam in Vicosoprana – dem Dorf im Bergell, aus dem er ursprünglich kommt. «Das ist eine gute Gelegenheit, das allgemeine Verständnis für die Schweizer Aussenpolitik zu überprüfen.» Felix Baumann, Schweizer Botschafter in der Ukraine, freut sich seinerseits besonders auf den Austausch mit seinen Kolleginnen und Kollegen. Für ihn ist das eine unglaublich reichhaltige Quelle an Inspiration, Ideen und Motivation: «Das macht auch die Magie dieser Konferenz aus.»