Wiedereröffnung der Schweizer Botschaft in Bagdad nach 33 Jahren

Seit heute ist die Schweiz wieder im Irak präsent. Die Schweizer Vertretung war 1991 wegen des Golfkriegs geschlossen worden. Der Bundesrat will die bilateralen Beziehungen mit dem Irak stärken und die Zusammenarbeit in den Bereichen Wirtschaft, Sicherheit und Migration ausbauen. Mit der Wiedereröffnung der Botschaft wird zudem ein Ziel der 2020 verabschiedeten MENA-Strategie 2021–2024 umgesetzt.

Ein irakischer Polizeibeamter vor den Toren der ehemaligen Schweizer Botschaft in Bagdad.

Die Schweizer Botschaft im Irak (hier das Gebäude im Februar 2001) wurde 1991 geschlossen. Zwischenzeitlich wurde im Jahr 2000 ein Verbindungsbüro eröffnet, das jedoch 2008 ebenfalls geschlossen wurde. © Keystone

Die Schweiz hatte schon seit einiger Zeit die Absicht, in Bagdad eine Botschaft zu eröffnen. Bereits im Oktober 2020 gab der Bundesrat im Rahmen der MENA-Strategie 2021–2024 bekannt, dass er eine diplomatische Vertretung im Irak eröffnen will. Nach Jahren schwerer interner Konflikte haben sich die politische Situation und die Sicherheitslage verbessert. Der Bundesrat ist sich der Bedeutung des Irak für die Region seit Langem bewusst. Das Land blickt entschlossen in die Zukunft und führt ehrgeizige Wirtschafts- und Strukturreformen durch. Der Irak könnte sein wirtschaftliches Potenzial, das durch den jahrelangen Krieg beeinträchtigt wurde, bald unter Beweis stellen. Er tritt zunehmend als zentraler politischer Akteur auf regionaler Ebene auf. Seine engen Beziehungen zum Iran, den Golfmonarchien und den USA bestärken ihn in seiner Rolle als Brückenbauer und Vermittler in der Region.

Die Schweiz ist auf gute bilaterale Beziehungen angewiesen, um ihre Interessen in der Region zu wahren. Mit der Wiedereröffnung ihrer Botschaft in Bagdad stärkt die Schweiz ihre Rolle als Akteurin in den Bereichen Friedensförderung und humanitäre Hilfe sowie als Partnerin für Wirtschaftsfragen in der MENA-Region. 53 Länder, darunter 18 europäische Länder, und die Europäische Union haben eine diplomatische Präsenz in Bagdad.

Hoffnungsvolle irakische Jugend

Rund ein Jahr, nachdem die mögliche Wiedereröffnung der Vertretung im Irak angekündigt worden war, reiste Bundesrat Ignazio Cassis 2021 persönlich in den Irak, um sich ein Bild von der Lage vor Ort zu machen. Bei seinen Treffen in Bagdad ging es zwar um die Förderung von Frieden und Sicherheit im Nahen Osten, das humanitäre Engagement nach den durch den sogenannten Islamischen Staat verursachten Zerstörungen und den Abschluss eines Memorandum of Understanding zwischen der Schweiz und dem Irak. Doch der Vorsteher des EDA nutzte die Gelegenheit auch, um junge Unternehmerinnen und Unternehmer aus der irakischen Start-up-Szene zu treffen.

Die Bevölkerung des Irak ist jung und gebildet, aber es fehlt an Berufsperspektiven. Im Zentrum der Gespräche, die Bundesrat Cassis vor Ort führte, standen die Themen Innovation, Berufsbildung und die Hürden, mit denen junge Menschen auf ihrem Berufsweg konfrontiert sind. Die Treffen fanden an einem symbolträchtigen Ort der Hauptstadt, dem Sportkomplex statt, den der Schweizer Architekt Le Corbusier in den 1950er-Jahren entworfen hatte.

Der Austausch mit jungen Irakerinnen und Irakern, die voller Ideen sind und über ein grosses Potenzial verfügen, stimmt mich optimistisch, dass sich das Land von den zahlreichen Krisen der Vergangenheit erholen kann.
Ignazio Cassis 2021 bei seinem Besuch in Bagdad

Le Corbusier war es ein grosses Anliegen, dass sich seine Bauten in die Landschaft einfügen. Bei seiner Arbeit verband er Kreativität mit dem Respekt vor Traditionen und Kultur. In instabilen politischen Verhältnissen bewies er aber auch Geduld und Hartnäckigkeit. Sein Projekt erlitt zahlreiche Rückschläge und wurde immer wieder unterbrochen, unter anderem durch den Staatsstreich, der am 14. Juli 1958 die irakische Monarchie beendete. Seine Persönlichkeit, seine Autorität und seine Ideen im Irak der 1960erJahre inspirieren die irakische Jugend auch 60 Jahre später. «Für mich ist die Jugend auch immer Hoffnungsträgerin. Der Austausch mit jungen Irakerinnen und Irakern, die voller Ideen sind und über ein grosses Potenzial verfügen, stimmt mich optimistisch, dass sich das Land von den zahlreichen Krisen der Vergangenheit erholen kann», sagte Bundesrat Ignazio Cassis vor drei Jahren.

Der Optimismus ist nach wie vor ungebrochen. Der Besuch des Bundesrates – und die Unterzeichnung eines Memorandum of Understanding zur Aufnahme politischer Konsultationen zwischen der Schweiz und dem Irak – ebneten den Weg zur Vertiefung der bilateralen Beziehungen. Drei Jahre später ist der Zeitpunkt für die Schweiz gekommen, ihre Beziehungen zum Irak mit der Wiedereröffnung der Botschaft wieder aufzunehmen. 

Migrationspolitik, ein Schwerpunktthema der Vertretung in Bagdad

Die Schweizer Botschaft im Irak wurde 1991 aufgrund des Golfkriegs geschlossen. Ein 2000 eröffnetes Verbindungsbüro wurde 2008 ebenfalls aus Sicherheitsgründen geschlossen. Während mehr als zehn Jahren hatte die Schweiz also keine Vertretung im Irak. 2012 wurde die Schweizer Botschaft in Amman für die bilateralen Beziehungen mit dem Irak akkreditiert. Seitdem werden die konsularischen Dienstleistungen für die rund 100 Schweizerinnen und Schweizer vor Ort von Amman aus erbracht.

Neben der Erneuerung und dem Ausbau des Handels und der diplomatischen Beziehungen mit dem Irak möchte die Schweiz auch die Migrationszusammenarbeit vertiefen. Die Zahl der Asylgesuche von irakischen Staatsangehörigen in der Schweiz ist vergleichsweise hoch. Die Rückübernahmekooperation mit dem Irak war bisher komplex, obwohl sich die irakische Position zu diesem Thema zunehmend in Richtung einer grösseren Offenheit gelockert hat. Im Mai 2024 unterzeichneten die Schweiz und der Irak ein Migrationsabkommen, das eine verstärkte Zusammenarbeit in verschiedenen Bereichen vorsieht, einschliesslich Förderung der freiwilligen Rückkehr und der Wiedereingliederung von Rückkehrerinnen und Rückkehrern. Um die Zusammenarbeit vor Ort zu begleiten, wird eine Schweizer Migrationsbeauftragte (Immigration Liaison Officer, ILO) in die Botschaft in Bagdad entsandt.

Der Irak ist auch für die regionale Migration von grosser Bedeutung, mit einer hohen Zahl von Binnenvertriebenen und Flüchtlingen aus den Nachbarländern, etwa aus Syrien. Vor diesem Hintergrund bemüht sich die Schweiz um einen umfassenden Ansatz und sucht nach langfristigen Lösungen. In diesem Sinne würde eine Präsenz der Schweiz in Bagdad es erlauben, den Dialog mit den irakischen Behörden zu intensivieren.

Weitere Schwerpunkte: Frieden und Sicherheit sowie grenzüberschreitende Zusammenarbeit

Die Schweiz hat ein Interesse an einem stabilen Irak, der im Zentrum des Nahen und Mittleren Ostens liegt. Das Land spielt eine führende Rolle bei den regionalen Anstrengungen zum Abbau der Spannungen und zur Förderung des Dialogs. Die Schweiz will sich für die Stabilisierung der Region einsetzen, indem sie den sozialen Zusammenhalt und die Integration von Minderheiten durch friedenspolitische Aktivitäten fördert.

Die Wasserknappheit im Irak und in der Region kann zu Spannungen und Konflikten führen. Deshalb bringt die Schweiz ihr Fachwissen im Bereich des grenzüberschreitenden Wassermanagements ein. Mit ihrer regionalen «Blue Peace»-Initiative, einer eigentlichen Wasserdiplomatie, fördert die Schweiz den Dialog und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Bereich des Wassermanagements im Irak und in anderen Ländern der Region. 

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