Bundesrat beschliesst das weitere Vorgehen im Hinblick auf ein Verhandlungsmandat

Die Schweiz führt Sondierungsgespräche mit der EU. In diesen Gesprächen ist es der Schweiz und der EU gelungen, ein gemeinsames Verständnis über den vom Bundesrat eingebrachten Paketansatz zu entwickeln. Hintergründe und Informationen über die seit März 2022 laufenden Sondierungen finden Sie hier im Newsticker.

29.03.2023

Der Bundesrat konkretisiert den Weg in Richtung Verhandlungsmandat mit der EU. © EDA

Der Paketansatz des Bundesrats

Die Schweiz strebt eine Weiterentwicklung der Beziehungen mit der EU an. Der Bundesrat hat deshalb im Februar 2022 neue Lösungsvorschläge in Form des Paketansatzes entwickelt und beschlossen:

  • Statt die institutionellen Fragen in einem Abkommen zu regeln, das den Rahmen für andere Abkommen gibt (horizontaler Ansatz), sollen diese Fragen in jedem Abkommen einzeln gelöst werden (sektorieller Ansatz);
  • statt eines Abkommens soll ein ganzes Abkommenspaket zur Diskussion kommen, das insgesamt ausgewogener ist. Dies ermöglicht einen breiten Interessenausgleich und erhöht die Erfolgsaussichten allfälliger Verhandlungen.

Die Schweiz möchte sich an EU-Programmen beteiligen und neue Abkommen abschliessen können, beispielsweise ein Stromabkommen, ein Abkommen zur Lebensmittelsicherheit sowie ein Gesundheitsabkommen.

In einzelnen Abkommen braucht die Schweiz Ausnahmen und Schutzklauseln, um ihre essentielle Interessen schützen zu können. Es ist wichtig, bei der Personenfreizügigkeit sicherzustellen, dass Weiterentwicklungen des EU-Rechts nicht zu einer Zuwanderung ins Sozialsystem führen, keine Unterminierung von Lohn- und Arbeitsbedingungen erfolgt und die Verfassungsmässigkeit sichergestellt ist. 

Die Forderung von Ausnahmen rührt daher, dass die Schweiz nicht Mitglied der EU ist und daher weder die gleichen Rechte fordert, noch die gleichen Pflichten hat wie ein EU-Mitgliedstaat. Die Schweiz strebt – unter Wahrung ihrer politischen Eigenständigkeit – eine weitgehende Beteiligung am EU-Binnenmarkt an.  

Sondierungen mit der EU-Kommission

Staatssekretärin Livia Leu wurde mit dem Bundesratsentscheid zum Paketansatz beauftragt, diesen mit der EU-Kommission zu sondieren. In diesen Sondierungsgesprächen wird das Potenzial des neuen Ansatzes ausgelotet; eine unerlässliche Vorbereitung für allfällige Verhandlungen. Am 17. Juni 2022 hat der Bundesrat beschlossen, die Sondierungen zu intensivieren. Seither wurden auch Gespräche auf technischer Ebene geführt (Personenfreizügigkeit und Staatliche Beihilfen). Das Ziel der Sondierungen ist, herauszufinden, ob eine genügend solide Basis vorhanden ist, um Verhandlungen zu beginnen.

Das InstA: Das war umstritten

Die Differenzen in für die Schweiz wesentlichen Punkten waren für die Schweiz unüberwindbar:

  • der Gefährdung des bewährten Schutzes vor Lohndumping (flankierende Massnahmen);
  • die befürchtete Zunahme von EU-Sozialhilfeempfängern und, die Unmöglichkeit von Entzug von Aufenthaltsrecht sowie die Ausschaffungen von straffälligen Personen (Unionsbürgerrichtlinie).
  • offene Fragen betreffend die Regelung der staatlichen Beihilfen («level playing field»)

Institutionelles Abkommen

Das Institutionelle Abkommen Schweiz-EU wird nicht abgeschlossen, 26.05.2021

Innenpolitische Abstützung

Entscheidend für den Erfolg allfälliger Verhandlungen ist neben dem Verhandlungsergebnis auch dessen breite innenpolitische Akzeptanz. Der Bundesrat führt deshalb parallel zu den Sondierungen regelmässig Gespräche mit den wichtigsten innenpolitischen Anspruchsgruppen in der Schweiz. Mit einem neu geschaffenen Sounding Board hat er den Dialog insbesondere mit den Sozialpartnern und der Wirtschaft verstärkt. Der Austausch mit Parlament, Kantonen und Parteien ist seit längerem institutionalisiert. Die enge verwaltungsinterne Koordination ist mit einer Steuerungsgruppe mit Vertreterinnen und Vertretern aus allen Departementen und der Bundeskanzlei sichergestellt.

Schweiz und EU: Eng verbunden

Eine Grafik zeigt die Schweiz mitten in Europa, wie viele Menschen gegenseitig in der EU beziehungsweise in der Schweiz leben, arbeiten oder studieren und wie eng die Handelsverbindungen zwischen der Schweiz und der EU sind.
Reger Austausch zwischen der Schweiz und der EU: Tausende von Menschen leben, arbeiten, studieren in der Schweiz beziehungsweise in der EU. © EDA

Die Schweiz und die EU sind eng verflochten und teilen dieselben Grundwerte. Dies zeigen diese Beispiele:

  • Die EU ist mit Abstand unser wichtigster Handelspartner. Rund die Hälfte unserer Exporte gehen in die EU. Etwa zwei Drittel der Importe stammen aus der EU.
  • Die Schweiz gehört zu den wichtigsten Handelspartnern der EU, die EU ist die grösste Handelspartnerin der Schweiz. Bei den Dienstleistungen war die Schweiz im Jahr 2021 nach den USA und dem UK der drittwichtigste Dienstleistungshandelspartner der EU.
  • Ende September 2022 arbeiteten 374'000 Personen Grenzgängerinnen und Grenzgänger in der Schweiz. Oder andersrum: Die Schweiz fand 374'000’Arbeitskräfte in der EU/EFTA.
  • Forschungszusammenarbeit: Unter den Drittstaaten war die Schweiz 2014-2019 mit 2.2 Milliarden Euro die grösste Beitragszahlerin an das EU-Budget. 80 % davon waren dem Bereich Forschung und Innovation gewidmet.
  • Mit dem Bau der Neuen Eisenbahn-Alpentransversalen NEAT für rund 23 Mrd. CHF hat die Schweiz die Kapazitäten für umweltfreundliche Gütertransporte und den reibungslosen Handel im europäischen Binnenmarkt massgeblich erhöht.
  • Die EU und die Schweiz teilen die wichtigsten politischen Grundwerte («Wertegemeinschaft»): das bedingungslose Bekenntnis zu den Menschenrechten, zu einer offenen und liberalen Gesellschaft, zu einer pluralistischen Demokratie mit freier Meinungsäusserung und freien Medien, zum freien Handel als Motor für Wohlfahrt und Stabilität. Dies ist in Zeiten des Krieges und des Erstarkens autoritärer Kräfte besonders wichtig.

Geregelte Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU sind wichtig. Sie garantieren Wohlstand und Stabilität für beide.

29.03.2023 – Bundesrat beschliesst das weitere Vorgehen im Hinblick auf ein Verhandlungsmandat

Der Bundesrat hat heute vom Stand der Gespräche mit der EU und den Schweizer Akteuren Kenntnis genommen und eine eingehende innen- und aussenpolitische Beurteilung vorgenommen. Der Bundesrat stellt fest, dass es in den Gesprächen zwischen der Schweiz und der EU auf technischer, diplomatischer und politischer Ebene eine positive Dynamik gibt. Es geht nun darum, für die noch offenen Fragen Lösungen zu erarbeiten, um die gemeinsame Basis für die Vorbereitung eines Verhandlungsmandats festzulegen. Betreffend Lohnschutz hat der Bundesrat das Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) beauftragt, in enger Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern und den Kantonen Vorschläge zu erarbeiten, welche geeignet sind, das aktuelle Schutzniveau auf dem Arbeitsmarkt mit ergänzenden Massnahmen inländisch abzusichern.  

Aufgrund der positiven Dynamik zwischen der Schweiz und der EU hat der Bundesrat das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) beauftragt, in Zusammenarbeit mit dem Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) und dem WBF bis Ende Juni die Eckwerte eines Verhandlungsmandats zu erarbeiten. Gleichzeitig bekam Staatssekretärin Livia Leu den Auftrag, im Rahmen der laufenden Gespräche mit der EU die gemeinsame Basis für zukünftige Verhandlungen zu finalisieren. Das nächste Sondierungsgespräch Treffen ist am 20. April in Brüssel vorgesehen. Technische Gespräche mit der EU finden weiterhin wöchentlich statt.

Medienmitteilung

15.03.2023 – Schweiz und EU im Gespräch: Austausch Šefčovič und Cassis in Bern

  • Bundesrat Ignazio Cassis traf sich am 15. März 2023 in Bern mit dem Vizepräsidenten der Europäischen Kommission Maroš Šefčovič.
  • Das Treffen fand im Rahmen des ersten Besuchs von Herrn Šefčovič in der Schweiz in seiner Funktion als Verantwortlicher für die Beziehungen zwischen der EU und der Schweiz statt.
  • Der Austausch zwischen Herrn Cassis und Herrn Šefčovič bot Gelegenheit, auf politischer Ebene eine Bilanz des im März 2022 begonnenen Sondierungsprozesses zwischen der Schweiz und der Europäischen Union (EU) zu ziehen und die nächsten Schritte zu erörtern.
  • Cassis und Šefčovič würdigten die bisherige Arbeit der Delegationen der Schweiz und der Europäischen Kommission bei den Sondierungsgesprächen unter der Leitung von Staatssekretärin Livia Leu und Juraj Nociar, Kabinettschef des Vizepräsidenten, sowie bei den damit verbundenen technischen Gesprächen.
  • Die Arbeit der Delegationen hat zu konkreten Ergebnissen geführt. Die Schweiz und die EU haben in den letzten Monaten ihr gemeinsames Verständnis geschärft und sind sich in verschiedenen Bereichen nähergekommen.
  • Aussenminister Cassis betonte, dass der Sondierungsprozess mit der EU in der Schweiz von umfassenden internen Konsultationen mit den relevanten Akteuren, darunter den Kantonen, der Wirtschaft, den Gewerkschaften und den politischen Parteien, begleitet wurde.
  • Ignazio Cassis unterstrich, dass dieser wichtige, integrative Ansatz die Suche nach Lösungen erleichtert und den Prozess gestärkt hat. Der Prozess hat auch das Engagement der Schweiz für konkrete und dauerhafte Ergebnisse gezeigt, die sowohl für die Schweiz als auch für die EU tragfähig sind.
  • Ignazio Cassis und Maroš Šefčovič stellten fest, dass trotz der bisher erzielten Fortschritte noch eine Reihe von Fragen offen sind, die von beiden Seiten Anstrengungen erfordern, um die Lücken im gemeinsamen Verständnis weiter zu schliessen.
  • Zu diesem Zweck werden die nächsten Sondierungsgespräche am 20. April 2023 in Brüssel stattfinden.
  • Cassis und Šefčovič bekräftigten die Zusage der Schweiz und der Kommission, weiterhin zusammen auf ein gemeinsames Verständnis aller strukturellen Fragen hinzuarbeiten, um den Weg für eine mögliche Entscheidung über die Aufnahme formeller Verhandlungen zu ebnen.

07.03.2023 – Achte Runde der Sondierungsgespräche: Diverse Punkte weiter besprochen

Staatssekretärin Livia Leu und Juraj Nociar, Kabinettschef des Vizepräsidenten der Europäischen Kommission, haben sich am 7. März in Brüssel noch mal über einzelne Punkte des bisher Besprochenen unterhalten. Die Schweiz und die EU konnten ihr gemeinsames Verständnis in den letzten Wochen und Monaten in mehreren Bereichen schärfen. Es konnten Fortschritte erzielt werden zu Fragen der Staatlichen Beihilfen. Es besteht Einigkeit darüber, dass neue, zusätzliche Abkommen abgeschlossen werden sollen, zum Beispiel zu Strom. Und beide Seiten schätzen, dass er Paketansatz Spielraum für Lösungen schafft. Das Gespräch fand in einer konstruktiven Atmosphäre statt.

Es gibt aber auch noch offene Punkte. Das ist üblich in einem solchen Prozess. Es braucht noch Fortschritte in einzelnen zu klärenden Punkten. Die Schweiz braucht in einzelnen Abkommen Ausnahmen, um ihre essentiellen Interessen zu schützen. Der gut funktionierende Arbeitsmarkt und das hohe Lohnniveau stellen besondere Anforderungen. Nur eine Lösung, die die essentiellen Interessen der Schweiz berücksichtigt, wird Akzeptanz im Inland finden.

Die Sondierungen gehen darum weiter, bevor Verhandlungen ein Thema werden. Die nächste Sondierungsrunde findet am 20. April 2023 statt.

Der Vizepräsident der Europäischen Kommission, Maroš Šefčovič, weilt zudem vom 15.-16. März in der Schweiz. Bundesrat Ignazio Cassis und er nutzen dies für einen Austausch am 15. März. Es handelt sich dabei nicht um eine Verhandlung, sondern um einen vertieften Meinungsaustausch betreffend aller Punkte des Pakets. Der Austausch Sefcovics mit Schweizer Stakeholdern ist eine Gelegenheit, um auf beiden Seiten Verständnis für die verschiedenen Positionen zu schaffen.

Die Weiterentwicklung und Stabilisierung der Beziehungen Schweiz-EU schafft Sicherheit und Wohlstand für beide.

20.01.2023 – Siebte Runde von Sondierungsgesprächen mit der EU

Am 20. Januar fand die siebte Runde der Sondierungsgespräche zwischen der Staatssekretärin des EDA Livia Leu und Juraj Nociar, Kabinettschef des Vizepräsidenten der Europäischen Kommission, statt. Im Zentrum standen die neuen Abkommen, die mögliche Teile des Paketansatzes des Bundesrates darstellen, insbesondere in den Bereichen Lebensmittelsicherheit, Strom und öffentliche Gesundheit.

Der vom Bundesrat vorgeschlagene Paketansatz vergrössert den Spielraum für Lösungen. Auf die essentiellen Interessen der Schweiz kann besser eingegangen werden. Dieser Ansatz bietet damit gute Voraussetzungen für einen ausgewogenen Interessenausgleich.

Die EU ist die wichtigste Handelspartnerin der Schweiz, die Schweiz ist die viertgrösste Handelspartnerin der EU. Die Schweiz und die EU teilen dieselben Grundwerte. Eine Weiterentwicklung und Stabilisierung der Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU schafft Wohlstand und Stabilität für beide.

09.12.2022 – Bundesrat legt Entwurf Bericht Lagebeurteilung Beziehungen Schweiz–EU vor

Europa-Bericht. Im Hintergrund das Bundeshaus.
Der Bundesrat kommt im Bericht zum Schluss, dass der bilaterale Weg für die Schweiz weiterhin die beste Lösung ist. © EDA

Der Bundesrat hat in seiner Sitzung vom 9. Dezember den Entwurf des Berichts «Lagebeurteilung Beziehungen Schweiz–EU» beraten. Der Bundesrat kommt im Bericht zum Schluss, dass der bilaterale Weg für die Schweiz weiterhin die vorteilhafteste Lösung ist. Der Bericht wurde unter Vorbehalt der Ergebnisse der Konsultation der Aussenpolitischen Kommissionen der beiden Räte verabschiedet. Das Parlament hatte verschiedentlich den Wunsch nach einer Einschätzung des Bundesrates zur Europapolitik geäussert.

Entwurf Bericht «Lagebeurteilung Beziehungen Schweiz–EU» (vorbehältlich der Konsultation der aussenpolitischen Kommissionen von National- und Ständerat)

Medienmitteilung

23.11.2022 – Bundesrat führt eine Aussprache zum Stand der Sondierungsgespräche mit der Europäischen Union (EU)

Livia Leu im Gespräch mit Juraj Nociar.
Livia Leu im Gespräch mit Juraj Nociar, Kabinettschef des Vizepräsidenten der Europäischen Kommission Maros Sefcovic. © EDA

Am 23. November 2022 hat der Bundesrat eine Aussprache über die Beziehungen der Schweiz mit der EU geführt. Im Zentrum standen die Ergebnisse der bisherigen Sondierungsgespräche mit der Europäischen Kommission. Der Bundesrat hat von den begrüssenswerten Fortschritten sowie bestehenden Differenzen Kenntnis genommen und hat beschlossen, die Phase der intensivierten Sondierungen fortzusetzen.

Medienmitteilung

11.10.2022 – Sondierungen CH–EU: Projektorganisation zur Stärkung der politischen und inhaltlichen Steuerung

Zur Stärkung der politischen und inhaltlichen Steuerung der Sondierungsgespräche mit der EU hat der Bundesrat am 31. August 2022 entschieden, eine Projektorganisation einzusetzen. Diese besteht aus einer Steuerungsgruppe, die alle Departemente miteinbezieht, und aus einem Sounding Board, das die Kantone, die Sozialpartner und die Wirtschaft einbezieht. Beide Gremien werden vom Vorsteher des EDA, Bundespräsident Ignazio Cassis, geleitet. Die Steuerungsgruppe hat sich im September, das Sounding Board heute konstituiert.

Medienmitteilung

25.02.2022 – Der Bundesrat legt Stossrichtung für Verhandlungspaket fest

Anlässlich der europapolitischen Klausur vom 23. Februar 2022 hat der Bundesrat seine Aussprache über die Europapolitik weitergeführt und die Stossrichtung für ein Verhandlungspaket mit der EU verabschiedet. Bei den institutionellen Fragen hat er sich für einen vertikalen Ansatz entschieden, mit dem Ziel, diese Elemente in den einzelnen Binnenmarktabkommen zu verankern. Auf dieser Grundlage sollen Sondierungsgespräche mit der EU aufgenommen werden. Parallel dazu werden die laufenden Arbeiten zu den bestehenden Regelungsunterschieden fortgeführt.

Medienmitteilung

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