Zweiter Bericht zum humanitären Völkerrecht: die Schweiz geht mit gutem Beispiel voran

Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 23. Oktober 2024 den zweiten freiwilligen Bericht über die Umsetzung des humanitären Völkerrechts (HVR) durch die Schweiz verabschiedet. Seit der Veröffentlichung des ersten Berichts hat sich der internationale Kontext stark verändert. Die Umsetzung des HVR ist eine Grundvoraussetzung, um in bewaffneten Konflikten ein Mindestmass an Menschlichkeit zu wahren. Unabhängig vom Wandel der Zeit hält die Schweiz an ihrem Engagement fest.

Ein Soldat der Schweizer Armee kniet im Sand und schaut mit dem Fernglas in die Wüste.

Der freiwillige Bericht gibt einen Überblick über gute Praktiken und die wichtigsten Herausforderungen bei der Umsetzung des humanitären Völkerrechts (HVR) durch die Schweiz. © EDA

Die Verabschiedung des zweiten freiwilligen Berichts fällt mit dem 75-Jahr-Jubiläum der Genfer Konventionen zusammen und ist ein Beweis für die Entschlossenheit der Schweiz, bei der innerstaatlichen Umsetzung des HVR weitere Fortschritte zu erzielen. Der Bericht analysiert die Entwicklungen bei der Umsetzung des HVR in der Schweiz, identifiziert neue Herausforderungen, namentlich im digitalen Bereich, und schlägt pragmatische Lösungsansätze vor. Er berücksichtigt zudem die Erfahrungen der Schweiz im UNO-Sicherheitsrat. Der Bericht zeigt die jüngsten Entwicklungen im Bereich des HVR auf (Gesetzesänderungen, neue nationale Praktiken und Strategien) und befasst sich ausserdem mit aktuellen Themen wie den humanitären Ausnahmen und den neuen Technologien. Der freiwillige Bericht soll auch andere Staaten ermutigen, solche Berichte zu erstellen.

Ausserdem bietet er dem Interdepartementalen Komitee für humanitäres Völkerrecht Eckwerte für einen Aktionsplan, in dem konkrete Massnahmen zur Stärkung des Eintretens der Schweiz für das HVR festgelegt sind. So sieht der Plan beispielsweise vor, dass die Schweiz zur Klärung der Anwendung des HVR auf neue Technologien, insbesondere in den Bereichen Cybersicherheit und künstliche Intelligenz, beiträgt. 

Freiwilliger Bericht: dynamischer und lösungsorientierter Prozess

An der 33. Internationalen Konferenz des Roten Kreuzes und des Roten Halbmonds in Genf im Jahr 2019 wurde die innerstaatliche Umsetzung des HVR als Priorität festgelegt. Im Jahr 2020 veröffentlichte die Schweiz als eines der ersten Länder ihren ersten freiwilligen Bericht. Da die Einhaltung des HVR heute die grösste Herausforderung darstellt, ist es umso wichtiger, dass diese Regeln verbreitet und umgesetzt werden. Um Verletzungen des HVR zu verhindern, muss eine Kultur der strikten Einhaltung dieser Regeln geschaffen werden, lange bevor ein Konflikt ausbricht. Der zweite freiwillige Bericht der Schweiz folgt dieser Logik. 

Wir ermutigen alle Staaten, ebenfalls freiwillige Berichte vorzulegen, um den Austausch über gute Praktiken und die Herausforderungen bei der Umsetzung des HVR zu fördern. Gemeinsam können wir Lösungen zur Bewältigung aktueller und künftiger Probleme entwickeln, um sicherzustellen, dass das HVR auch in dunkelsten Zeiten Schutz bietet.
Bundesrat Ignazio Cassis

Der freiwillige Bericht beurteilt die Praktiken und die grössten Herausforderungen. Er fördert den zwischenstaatlichen Austausch über bewährte Praktiken und Massnahmen zur besseren Einhaltung des HVR. Im Vorwort des zweiten freiwilligen Berichts der Schweiz betont Bundesrat Ignazio Cassis: «Wir ermutigen alle Staaten, ebenfalls freiwillige Berichte vorzulegen, um den Austausch über gute Praktiken und die Herausforderungen bei der Umsetzung des HVR zu fördern. Gemeinsam können wir Lösungen zur Bewältigung aktueller und künftiger Probleme entwickeln, um sicherzustellen, dass das HVR auch in dunkelsten Zeiten Schutz bietet.»

Das humanitäre Völkerrecht muss zu einer politischen Priorität erklärt werden

Angesichts der Zunahme der bewaffneten Konflikte, namentlich des Kriegs in der Ukraine und der Konflikte im Nahen Osten, hat die Einhaltung und Umsetzung des HVR Priorität. 

Die Einhaltung des HVR muss zu einer politischen Priorität erklärt werden. Die Genfer Konventionen gehören zu den wenigen völkerrechtlichen Verträgen, die universell ratifiziert wurden. Sie sind Ausdruck des politischen Willens aller Staaten. Wir müssen diesem Willen neue Kraft verleihen!
Bundesrat Ignazio Cassis

Die Verabschiedung dieses zweiten freiwilligen Berichts fällt mit dem 75-Jahr-Jubiläum der Genfer Konventionen vom 12. August 1949 zusammen. Während dieses Jubiläumsjahres hat die Schweiz immer wieder daran erinnert, dass die Genfer Konventionen weiterhin Millionen von Leben retten und dass ihre Einhaltung im Interesse aller liegt. Denn das HVR ebnet den Weg für eine Rückkehr zum Frieden. Die zahlreichen Verletzungen der völkerrechtlichen Regeln bedeuten nicht, dass diese unzureichend sind. Vielmehr sind sie Ausdruck menschlichen Versagens, die Regeln auch tatsächlich umzusetzen. In seiner Ansprache anlässlich des Jahrestages am 26. August 2024 im Maison de la Paix betonte Bundesrat Ignazio Cassis: «Die Einhaltung des HVR muss zu einer politischen Priorität erklärt werden. Die Genfer Konventionen gehören zu den wenigen völkerrechtlichen Verträgen, die universell ratifiziert wurden. Sie sind Ausdruck des politischen Willens aller Staaten. Wir müssen diesem Willen neue Kraft verleihen!» 

Ein Mindestmass an Menschlichkeit in Konflikten gewährleisten

Das HVR trägt dazu bei, Leben zu schützen, Leiden zu lindern und ein Mindestmass an Menschlichkeit in Konflikten zu bewahren. Das in den Genfer Konventionen und ihren Zusatzprotokollen verankerte HVR ist ein Schwerpunkt der Aussenpolitik der Schweiz, die dank ihrer Neutralität und ihrer Rolle als Depositarstaat der Genfer Konventionen eine besondere Beziehung zu diesen Regeln unterhält. Das HVR rettet nach wie vor Millionen von Menschenleben, wird aber auch immer wieder verletzt – mit schwerwiegenden humanitären Folgen. Vor diesem Hintergrund ist der freiwillige Bericht ein wichtiger Beitrag zu einem besseren Schutz der Opfer bewaffneter Konflikte.

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