Syrien-Konflikt: Schweiz unterstützt notleidende Bevölkerung
Der Konflikt in Syrien führt seit bald einem Jahrzehnt zu einer der grössten humanitären Krisen der Gegenwart. Anlässlich der vierten Syrienkonferenz der EU und der UNO am 30. Juni 2020 hat die Schweiz angekündigt, im Jahr 2020 für Unterstützungsmassnahmen zugunsten der syrischen Bevölkerung in Syrien und der Region 61 Millionen Franken bereit zu stellen. Insgesamt spricht die internationale Gemeinschaft 7.7 Milliarden US-Dollar.
Anhaltende Kampfhandlungen, sowie administrative und operationelle Restriktionen erschweren die Umsetzung humanitärer Aktionen in Syrien. © Keystone
Im zehnten Jahr des syrischen Konfliktes sind zwei Drittel der syrischen Bevölkerung auf humanitäre Hilfe angewiesen. Der andauernde bewaffnete Konflikt hat zu einer der grössten humanitären Krisen unserer Zeit geführt. Über eine halbe Million Menschen, vornehmlich Zivilsten sind getötet worden unzählige verletzt. Verstösse gegen das humanitäre Völkerrecht sind häufig: Die zivile Infrastruktur, einschliesslich medizinischer und pädagogischer Einrichtungen, bleibt vom Konflikt nicht verschont. Millionen von Menschen haben unzureichenden Zugang zu Wasser, Nahrung oder medizinischer Versorgung.
Die Hälfte der Bevölkerung musste die eigenen vier Wände aufgrund der Kämpfe verlassen. Sechs Millionen Menschen sind aus dem Land geflohen, fünf Millionen von ihnen in die Nachbarländer. Gleichzeitig erschweren anhaltende Kampfhandlungen, das Ausmass der Zerstörung sowie administrative und operationelle Restriktionen die Umsetzung humanitärer Aktionen.
COVID-19 als zusätzliche Gefahr für Millionen Menschen
Bereits vor Ausbruch der weltweiten COVID-19-Krise war die humanitäre Lage in Syrien fragil. Durch die globale Pandemie sind Millionen Menschen zusätzlich bedroht. Viele von ihnen haben keinen oder nur unzureichenden Zugang zu sauberem Wasser, was die Gefahr von Epidemien noch weiter verschärft. Um zu verhindern, dass sich die Situation für die betroffene Bevölkerung noch weiter verschlimmert, und um die humanitäre und politische Unterstützung zu erneuern, führen die EU und die UNO jährlich in Brüssel eine Konferenz zur Lage in Syrien durch.
Im Rahmen der vierten Syrienkonferenz, die wegen der COVID-19 digital durchgeführt wurde, betont Bundesrat Ignazio Cassis, wie wichtig ein multilateraler Ansatz in der Lösungsfindung ist: «Wir müssen unsere Anstrengungen vereinen, um die humanitären und politischen Folgen des Syrien-Konflikts zu überwinden.»
Humanitäre Hilfe und Förderung des Friedensprozesses
Um dieses Ziel gemeinsam zu erreichen und der syrischen Bevölkerung humanitäre Hilfe bereitstellen zu können, spricht die internationale Gemeinschaft im Rahmen der vierten Syrienkonferenz am 30. Juni 2020 7.7 Milliarden US-Dollar. In Anwesenheit von Bundesrat Ignazio Cassis bekräftigt auch die Schweiz ihr Engagement; sie spricht wie im Vorjahr 61 Millionen Franken zur Unterstützung der notleidenden Bevölkerung. «Wir wollen die betroffene Bevölkerung in Syrien und in der Region unterstützen. Da die Hilfe die Bedürftigen erreichen muss, fordern wir den UNO-Sicherheitsrat auf, die Resolution 2504 zu erneuern.» Die UNO-Resolution 2504 läuft am 10. Juli 2020 aus. Sie erlaubt es der UNO und ihren Partnern humanitäre Hilfe von ausserhalb Syriens über die Grenze in den Norden Syriens zu liefern. «Die Hilfe muss auch über die Grenze nach Nordwest- und Nordost-Syrien geliefert werden. Für Millionen Syrerinnen und Syrer ist dies die einzige Rettungsleine», betont Ignazio Cassis.
Die Schweiz setzt sich nicht nur humanitär für die notleidende Bevölkerung ein, sondern auch intensiv für die Friedensförderung, insbesondere für die Bemühungen zur politischen Lösung des Konflikts. Sie ist Gaststaat des UNO-Friedensprozess in Genf und unterstützt die politische Lösungssuche damit aktiv.
Ferner engagiert sich die Schweiz für die Achtung und Förderung des humanitären Völkerrechts und der Menschenrechte, sowie für die Bekämpfung der Straflosigkeit. So hat die Schweiz im Vorfeld der Konferenz zusammen mit dem IKRK eine Diskussion zum Schicksal der verhafteten und vermissten Personen in Syrien organisiert. Zehntausende Syrerinnen und Syrer gelten aufgrund des Konfliktes als vermisst. Dies stellt für die betroffenen Personen, deren Familien und die Gesellschaft eine grosse Last dar. Der Anlass diskutierte konkrete Ansätze, um betroffene Familien zu unterstützen und neue Fälle zu verhindern.
Regionale Stabilität im Interesse der Schweizer Aussen- und Sicherheitspolitik
Trotz erster Fortschritte im Genfer Friedensprozess im letzten Herbst durch die Einberufung eines Verfassungsausschusses harrt der Konflikt weiterhin einer politischen Lösung. «Die Schweiz kann als Gaststaat des UNO-Friedensprozesses in Genf und mit ihren guten Diensten helfen, die Pattsituation in Syrien zu überwinden. Wir sind bereit, eine Wiederaufnahme des Verfassungsausschusses zu erleichtern», bekräftigt Bundesrat Cassis.
Gleichzeitig ruft die Schweiz alle Parteien auf, das humanitäre Völkerrecht vollumfänglich einzuhalten und betont, dass es keine militärische Lösung des Konflikts gibt. Die Schweiz unterstützt die UNO in ihrem Prozess, eine nachhaltige politische Lösung für Syrien zu finden, um so die seit Jahren notleidende Bevölkerung zu entlasten.
Als geopolitisch und humanitärer Brennpunkt in der erweiterten Nachbarschaft Europas tangiert der andauernde Syrien-Konflikt zudem direkt die aussen- und sicherheitspolitischen Interessen der Schweiz. Gleichzeitig ist der Krieg in Syrien als wichtiges Dossier des UNO-Sicherheitsrats im Bereich Frieden und Sicherheit auch für die Schweizer Kandidatur für den UNO-Sicherheitsrat 2023/2024 bedeutend.